W as man in den letzten Wochen und Monaten immer wieder anhand von Demonstrationen auf den Straßen sehen und erleben musste, wird jetzt von aktuellen Zahlen des Statistischen Amts der Europäischen Union (Eurostat) in Zahlen gegossen: Die Jugendarbeitslosigkeit in Europa ist in den letzten vier Jahren drastisch angestiegen.

Mehr als die Hälfte der Unter-25-Jährigen haben in Griechenland und Spanien heute keinen Job, in Italien, Portugal oder der Slowakei findet jeder Dritte keine Arbeit. In Nicht-EU-Staaten ist die Situation oftmals noch dramatischer. Bosnien-Herzegowina gab gestern bekannt, dass 58,5 Prozent der Bürger unter 30 Jahren arbeitslos sind.

Auch Yvonne C. aus Graz hat ein Problem. Sie absolvierte die Baufachschule mit gutem Erfolg, hoffte seit Juni, eine Anstellung im Baubereich zu finden: "Die Arbeit taugt mir einfach." Bisher erfolglos. Die Absagen kamen, eine Frau am Bau - schwer unterzubringen in einer oft rauen Männerwelt. Noch keine praktische Bauerfahrung. Jetzt nimmt Yvonne eine Teilzeitarbeit im Handel an, will die Abendmatura ablegen und dann an der FH studieren, "vielleicht bessert sich die Lage bis dahin".

Gefährliche Folgen

Viele Experten, wie etwa EU-Sozialkommissar Laszlo Andor, warnen jetzt vor den gefährlichen Folgen hoher Jugendarbeitslosigkeit: "Wenn das so bleibt, laufen wir Gefahr, dass gesellschaftlicher Zusammenhalt schwindet und politischer Extremismus wächst. Wir würden auf ein ökonomisches wie gesellschaftliches Desaster zusteuern."

Yvonnes Freund Harald will sich nach drei Jahren erfolglosen Suchens nach Arbeit gar nicht mehr im Arbeitsmarkt umschauen. Er hat ein großes Handicap. In der sechsten Klasse Mittelschule ist er ausgestiegen, hat "gesandelt", hatte Gelegenheitsjobs, aber so gut wie keine Berufsausbildung. Seine Chance sieht Harald in der Selbstständigkeit, er will sich zum Tätowierer ausbilden. "Von meinen Freunden weiß ich, da gibt's immer was zu tun", ist er optimistisch.

Auch die deutsche Forschungsministerin Annette Schavan bezeichnete die hohe Jugendarbeitslosigkeit in Europa zuletzt als "große Schwachstelle" der EU. "Ich sehe es als unsere vordringliche Aufgabe an, dies zu beenden", betonte die deutsche Politikerin. Der Präsident des Europaparlaments, Martin Schulz (SPD), wählt drastischere Worte und spricht bereits von einer drohenden "sozialen Explosion".

Am österreichischen Arbeitsmarkt geht es den Jugendlichen noch verhältnismäßig gut. Die Alpenrepublik verzeichnet nach den jüngsten Daten im Juni eine Jugend-Arbeitslosenrate von 8,8 Prozent. Das ist hinter Deutschland (7,9 Prozent) der zweitniedrigste Wert in der EU. Die Tendenz ist aber auch hierzulande steigend - vor einem Jahr belief sich die österreichische Quote noch auf 7,9 Prozent.