Ex-ÖGB-Chef Fritz Verzetnitsch ist am Mittwoch beim Schadenersatz-Prozess der zum ÖGB gehörenden AVB Holding gegen ihn sowie weitere sechs Ex-BAWAG-Manager einvernommen worden. Er habe Ex-ÖGB-Finanzchef und Ex-BAWAG-Aufsichtsratschef Günter Weninger vertraut. Auch heute sei Verzetnitsch der Ansicht, dass Weninger und er selbst damals im Interesse des ÖGB gehandelt hätten. Weninger war damals für die Sicherung des ÖGB-Vermögens zuständig, während er selbst eine politische Funktion hatte und kein "Oberaufseher" war, sagte der beklagte Ex-ÖGB-Chef am Mittwoch am Handelsgericht Wien aus.

Zu der im Verfahren umstrittenen Wertpapier-Transaktion am 10. Oktober 2005 nach der Fusion der BAWAG mit ihrer Tochter P.S.K. habe Verzetnitsch keine Informationen erhalten, schilderte er. Er und das damalige ÖGB-Präsidium seien zwar über die Fusion informiert worden, aber nicht im Detail. Weninger habe die Vorteile der Fusion erläutert, über Verluste sei aber nicht gesprochen worden, so Verzetnitsch.

1998 sei Verzetnitsch über Verluste in der BAWAG informiert worden, von Weninger hieß es aber, dass sie bereinigt seien. Dass es sich dabei um die Verluste des Spekulanten Wolfgang Flöttl mit BAWAG-Geldern gehandelt hatte, wurde nicht erörtert. "Das war dann für mich erledigt", sagte der Ex-ÖGB-Präsident. Im Jahr 2000 habe ihn dann der Riesenverlust von 22 Mrd. Schilling (1,60 Mrd. Euro) "wie ein Donnerschlag" getroffen. "Ich stellte die Frage, ob es möglich war, dass ein einzelner einen solchen Verlust verursachen konnte", schilderte Verzetnitsch. Es wurde geprüft, ob BAWAG-Vorstände darin involviert waren, was sich nicht bewahrheitet hatte Damals sei ihm auch nicht berichtet worden, dass ein Großteil dieser Verluste bereits 1998 entstanden sei.

Im Auftrag Verzetnitschs habe Weninger mit dem ebenfalls im Prozess beklagten Ex-BAWAG-Chef Helmut Elsner eine Lösung ausgearbeitet. Demnach erhielt die Bank eine ÖGB-Garantie für die Bilanz 2000. Die Verluste könnte die Bank alleine bewältigen, wurde ihm damals versichert. "Meine Handlungen haben nicht gegen das ÖGB-Statut verstoßen", betonte Verzetnitsch, der auch auf eingeholte Rechtsgutachten verwies.

Auf Verzetnitschs Frage, ob die damals vorgeschlagene gewählte Vorgehensweise überhaupt möglich sei und nicht publik würde, kam die Idee von Elsner und Weninger, darüber Stillschweigen zu bewahren. Damit sollte "ein Run auf die Bank" verhindert werden. Wären die Verluste öffentlich geworden, dann hätte der damalige Miteigentümer BayernLB wahrscheinlich ein Übernahmeangebot gemacht, so Verzetnitsch heute. Von einer früheren Vereinbarung, über die Flöttl-Verluste Stillschweigen zu bewahren, habe er damals nichts gewusst.

In den Folgejahren habe der Ex-ÖGB-Präsident immer wieder nachgefragt, wie es um die Verluste stünde. "Wir sind auf gutem Weg", habe er von Weninger als Antwort bekommen, konkrete Zahlen über die Verlustentwicklung wurden aber nicht besprochen. Warum er nicht mit Weninger über die Höhe der Verluste gesprochen habe?, wollte der Richtersenat wissen. Er sei "von der Organverantwortlichkeit" Weningers ausgegangen, so Verzetnitsch.

Auf die Frage, wieso Verzetnitsch die Verluste nicht dem ÖGB-Präsidium mitgeteilt habe?, meinte der Ex-ÖGB-Präsident: "Dann hätte ich gleich eine Pressekonferenz machen können." Als in einer Präsidiumssitzung im Jahr 2005 ein Nachfolger für Ex-BAWAG-Chef Johann Zwettler gesucht wurde, sei während der Sitzung eine Sekretärin mit einer APA-Meldung zu ihm gekommen, in der die Bestellung von Ewald Nowotny als BAWAG-Chef bereits vermeldet wurde, berichtete Verzetnitsch.

Seit der Abgabe der Garantie für die BAWAG im Jahr sei es sein und Weningers Wunsch gewesen, die Verluste rasch abzubauen, um die BAWAG als "wichtigstes Asset des ÖGB" wieder auf starke Beine zu stellen. Der ÖGB wäre nach Ansicht Verzetnitschs in der Lage gewesen, die Garantie im Jahr 2001 zu bedienen, ob auch im Jahr 2005, sei reine Spekulation. Es habe im Jahr 2005 keine ÖGB-Beschlüsse gegeben, die BAWAG zu verkaufen, erinnerte sich Verzetnitsch.

Der Schadenersatzprozess soll ab 12. November 2012 mit der Befragung von Zeugen, darunter etwa Notenbank-Gouverneur und Ex-BAWAG-Chef Ewald Nowotny, fortgesetzt werden.