Auf die Ankündigung Ungarns, dass der staatlich kontrollierte Ölkonzern MOL aus dem gemeinsamen Pipeline-Projekt Nabucco aussteigen könnte, reagierte die OMV am Dienstag mit Verständnis: "Als privatwirtschaftlich geführtes Unternehmen müssen wir natürlich auch den wirtschaftlichen Nutzen klar darstellen können", teilte OMV-Sprecher Johannes Vetter auf APA-Anfrage mit. Daher werde an der Projektvariante "Nabucco West" gearbeitet, die wesentlich kürzer als die bisher geplante Gaspipeline ist.

Die "Nabucco West" soll "in Partnerschaft mit der Türkei Erdgas von der bulgarisch-türkischen Grenze über Österreich in die europäischen Märkte bringen", so die OMV. Details über das Projekt "Nabucco-West" seien in Ausarbeitung und würde sich am bisherigen Verlauf der bisher bis zur Osttürkei geplanten Pipeline orientieren.

"Nabucco hat Probleme"

Der ungarische Premier Viktor Orban hatte bereits gestern, Montag, den Ausstieg der MOL aus dem Langzeitprojekt in Brüssel angekündigt. "Ich bin kein Experte für die Details, aber soweit ich gesehen habe, wird das ungarische Unternehmen MOL das Projekt verlassen", sagte Orban laut der ungarischen Nachrichtenagentur MTI zu Journalisten am Montag in Brüssel. "Nabucco hat Probleme" - zitieren die Medien heute, Dienstag, den Premier. Auch die EU-Kommission bestätigte, dass das von der EU unterstütze Projekt wackeln würde, verwies aber darauf, dass die Berichte bis dato weder von der MOL noch von der in Wien ansässigen Nabucco-Projektgesellschaft bestätigt worden seien. Eine Sprecherin zufolge wird Aserbaidschan in den nächsten Monaten seine Entscheidung über Gaslieferungen nach Europa bekanntgeben, um die sich auch das Nabucco-Projekt bemüht.

Für EU-Kommission hat Gaslieferung Priorität

Die EU-Kommission hat zwar Berichte bestätigt, wonach das jahrelang von der OMV mit Partnern betriebene Gas-Pipelineprojekt Nabucco wackelt, weil der ungarische Öl- und Gaskonzern MOL seinen Ausstieg angekündigt habe. Allerdings seien diese Bericht bisher weder von MOL noch vom Nabucco-Konsortium bestätigt worden. Eine Sprecherin erklärte am Mittwoch, Aserbaidschan werde in den nächsten Monaten seine Entscheidung über die Gaslieferung nach Europa bekanntgeben.

Nabucco sei dabei eines der Projekte. Die Verhandlungen gingen weiter. "Priorität ist, und das ist das wichtigste, der direkte Zugang zu Aserbaidschan". Das Thema stehe jedenfalls nicht auf der Tagesordnung des Treffens zwischen EU-Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso mit Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban am Dienstagnachmittag.

Orban hatte zuvor den Rückzug von MOL aus Nabucco angekündigt, das Gas aus der Kaspischen Region nach Europa zum Gas Hub Baumgarten in Österreich bringen soll. Gleichzeitig hatte Orban die Wichtigkeit von Nabucco für Ungarn betont, da damit die einseitige Abhängigkeit des Landes hinsichtlich der Absicherung der Energieversorgung beseitigt würde.

Die Nabucco-Pipeline, die auch von der EU unterstützt wird, ist derzeit mit einer Länge von 3.900 Kilometern und einer jährlichen Transportkapazität von 31 Mrd. m3 Gas geplant. Der Großteil der Pipeline, knapp 2.600 Kilometer, soll durch die Türkei führen. Die Gesamtkosten wurden vom Nabucco-Konsortium zuletzt mit knapp 8 Mrd. Euro veranschlagt, befinden sich aber seit dem Vorjahr in Überarbeitung. Internationale Schätzungen gehen von fast doppelt so hohen Kosten aus.

An der Nabucco sind die OMV, der deutsche Konzern RWE, die ungarische MOL-Tochter FGSZ, die türkische Botas, die rumänische Transgaz und die Bulgarian Energy Holding zu gleichen beteiligt. Seit dem Vorjahr verhandelt die deutsche Bayerngas über eine Beteiligung.