So schnell kann es manchmal doch gehen. Hatte Lindsey Vonn am Samstag nach ihrem überlegenen Abfahrtssieg im Ski-Weltcup in Garmisch noch unantastbar gewirkt, musste sie sich 24 Stunden später hinter Lara Gut und Viktoria Rebensburg anstellen. "Ich habe immer gewusst, dass ich nicht unschlagbar bin", musste sich Vonn am Sonntag regelrecht rechtfertigen. "Ich bin keine Maschine, bin nicht perfekt."

Eineinhalb Sekunden war Vonn am Samstag schneller als die zweitplatzierte Fabienne Suter aus der Schweiz, worüber die Konkurrenz nur entgeistert den Kopf schütteln konnte. "Sie kann sich im Moment nicht einmal selbst schlagen", hatte Elisabeth Görgl gemeint, die mit 2,61 Sekunden Rückstand auf den 13. Rang gefahren war.

Doch tags darauf sah die Sache anders aus. Vonn wurde hinter der Schweizerin Gut, die ihren 17. Sieg im Ski-Weltcup feierte, und Lokalmatadorin Rebensburg nur Dritte. Bei diffuser Sicht und auf weichem Schnee wollte sie nicht alles riskieren, meinte sie im Anschluss an das Rennen. "Ich bin zu vorsichtig gefahren. Aber ich war schon zweimal schwer verletzt und hatte kein gutes Gefühl", erklärte die US-Amerikanerin, die erstmals in dieser Saison einen Speedbewerb nicht als Siegerin beendete, sofern sie keinen Torfehler - wie in Val d'Isere - beging.

0,23 Sekunden fehlten Vonn am Ende auf Gut. Ohne ihren Fehler im untersten Teil der Kandahar-Strecke, als es ihr plötzlich einen Ski in die Höhe riss, wäre der Rückstand mit Sicherheit kleiner ausgefallen. Und vielleicht hätte Vonn Gut dann sogar noch überholt. Traurig war die 31-Jährige deswegen aber nicht. "Ein dritter Platz ist auch nicht so schlecht."

Gut beteuerte, sie hatte Vonn immer in Reichweite gewähnt. "Ich habe gewusst, dass Lindsey nicht unschlagbar ist. Heute habe ich alles perfekt erwischt", sagte die Tessinerin, die nach dem Super-G-Sieg ihres engeren Landsmannes Carlo Janka in Jeongseon quasi schon in Jubelstimmung am Start gestanden war. "Da war in letzter Zeit viel Unruhe rund um das Team. Es war wichtig, dass sie auch einmal gewonnen haben."

Dreikampf möglich

Gesamtweltcup-Leaderin Vonn hält nach dem Garmisch-Wochenende nun bei 1060 Punkten, Gut ist ihr mit 973 auf den Fersen. Rebensburg hat 820 Punkte auf dem Konto. "Das könnte jetzt noch ein Dreikampf werden", bemerkte Gut über die Fahrerin der Stunde, die nach zwei Riesentorlauf-Siegen in Folge auch bei ihren Heimrennen als Dritte bzw. Zweite zweimal auf das Podest fuhr. Sie selbst wolle sich durch Punkte-Planspiele nicht aus der Ruhe bringen lassen. "Rechnen sollen die Medien", meinte Gut, die noch auf ihre erste große Kristallkugel
wartet.

Den ÖSV-Damen gelang am Sonntag nach einer unglücklich verlaufenen Abfahrt am Vortag die Wiedergutmachung. Cornelia Hütter als Fünfte und Görgl, die auf Platz sieben landete, fuhren in die Top Ten, Stephanie Venier wurde Zwölfte. Nicht gänzlich zufrieden
war Hütter, die nach Platz zwölf in der Abfahrt über Schmerzen in beiden Knien klagte. "Es waren nicht die perfekten Voraussetzungen, nachdem es mir am Samstag die Schneid abgekauft hat. Ich habe mir schwergetan, ans Limit zu gehen", räumte die Steirerin ein. Sie hoffe nun, dass die Probleme bald abgeklungen sind.

Görgl rätselte noch etwas über ihren Rückstand. "Ich weiß nicht, warum ich so weit hinten war im Ziel. Während dem Fahren habe ich ein viel besseres Gefühl gehabt", sagte die 34-Jährige, die vor fünf Jahren als Doppel-Weltmeisterin für Furore in Garmisch gesorgt hatte. Genau dies gelte es jetzt zu ändern. Sie wolle wieder in der Lage sein, dass sie ihr Skifahren während der Fahrt "richtig einschätzen kann", sagte Görgl.

Die 22-jährige Venier freute sich über ihre zweitbeste
Super-G-Platzierung nach Rang zehn in Cortina und Lake Louise. "Das erste Mal vor dem Leaderboard zu stehen war ein Wahnsinn, das habe ich überhaupt noch nie erlebt. Das gibt mir Selbstvertrauen für die Zukunft", betonte die zwischenzeitlich Führende. Nach dem Rennen, als die Entscheidung schon längst gefallen war, ging Venier noch
einmal zu der roten Wand und knipste ein Selfie, das  umgehend auf Facebook landete.

Nach den zwei Rennen in Bayern stehen für die Damen am kommenden Wochenende in Crans Montana eine Abfahrt und eine Kombination sowie am Montag ein Slalom (Ersatz für Maribor) auf dem Programm. Vonn stapelte bereits vor dem Trip in die Schweiz tief: "Die Piste ist nicht ganz das, was ich mag."