Nach den wegen schwierigen Pisten- und Sichtverhältnissen sehr fordernden Abfahrten in Santa Caterina, Wengen, Kitzbühel und Garmisch-Partenkirchen fanden die Speedfahrer in Südkorea bei kaltem und sonnigem Winterwetter eine griffig präparierte und nicht sehr steile, aber mit vielen Wellen, Kurven und Sprüngen versehene Aufgabe vor. "Da kann ich das Gefühl auspacken. Für mich war es ein richtiges Genuss-Skifahren", schwärmte Romed Baumann, der als Zweiter des Trainings nur 0,13 Sekunden Rückstand auf Kjetil Jansrud hatte.

Er habe sich vom ersten Freien Fahren an "auf dem Hügel" wohlgefühlt, meinte Baumann. Freilich ist es ein Berg, aber der Start liegt nur in 1.370 m Höhe und das Ziel auf 545 m. Die Höhendifferenz beträgt nur 825 m, die Kurslänge 2.648. "Hier herunter fühle ich mich wohl. Jetzt wird Video analysiert und geschaut, wo ich noch eine Spur enger fahren kann."

Auch Jansrud hatte dank Trainingsbestzeit keinen großen Grund zur Klage. "Nicht so schwierig, ein bisschen kürzer, langsamer, aber ein brutal schönes Gefühl. Große Sprünge, viel Terrain", zählte der Norweger auf. "Normalerweise wäre es für mich besser, wenn es einen technischen Teil gibt und ein Gleitstück, aber ich war mit einem guten Gefühl unterwegs." Nach den zuletzt schwierigen Rennen in Europa freut er sich über die guten Verhältnisse.

Auch Reichelt kann der gänzlich eisfreien Piste viel abgewinnen, auch wenn es damit "einiges mehr an Favoriten" gäbe. "Sie ist schön präpariert, das ist einmal für den Körper gut", sprach der Salzburger für die Athleten mit diversen Blessuren. Wie andere ist auch er der Meinung, dass in Hinblick auf die Olympischen Spiele bei der Kurssetzung noch Potenzial vorhanden ist, damit es etwas schneller wird. "Aber wir müssen alles fahren können, ob es drehend ist oder schnell."

Vom Grundcharakter müsste ihm die Abfahrt liegen, erklärte der aktuelle Fünfte der Abfahrtswertung, im Training hatte er jedoch fast zwei Sekunden Rückstand. "Sicher wäre es mir lieber, wenn ich schon schneller wäre, dann bräuchte ich nicht gravierende Änderungen vornehmen. Auf morgen hin muss sicher was passieren."

Innerhofer indes glaubt nicht, dass bei ihm eine große Steigerung möglich ist. "Die geschmeidigen Fahrer sind vorne, die anderen haben heute eine draufgekriegt. Logisch kann man das Setup ändern und näher rankommen. Dann werde ich halt Zehnter." Euphorie komme bei ihm nicht auf, die 96 km/h bei der Geschwindigkeitsmessung erinnern ihn an einen Riesentorlauf. "Es fehlt die Grundgeschwindigkeit. Es ist brutal griffig. Da brauchst du glattes Eis, dann kann es sein, dass du um fünf Sekunden schneller fährst, das ist dann schon ein Unterschied. Aber mit dem griffigen Schnee ist man langsam."

Für Österreich werden nach den vielen verletzungsbedingten Ausfällen nur sechs Speedfahrer die Abfahrt bestreiten. Neben Baumann und Reichelt sind dies Vincent Kriechmayr, Klaus Kröll, Otmar Striedinger und Patrick Schweiger. Marcel Hirscher machte das Training mit, er wird aber nur im Super-G antreten.

Striedinger fährt mit einem Hämatom am Arm, er hatte in der Garmisch-Abfahrt ein Tor gerammt. "Es geht schon. Ich hatte viel Glück, dass keine größeren Muskelfasern gerissen sind und ich nochmal mit einem blauen Fleck davongekommen bin. Ich merke es aber bei jeder Torstange, es heißt auf die Zähne beißen." Er hätte zwar lieber härtere Pistenverhältnisse und keinen Jetlag, freute sich aber dennoch über den Asien-Ausflug: "Mir taugt es hier, mal was Neues, neues Skigebiet, ich genieße es bis jetzt."

Seine beim Freien Skifahren gewonnenen Eindrücke bestätigten sich für Kriechmayr im Training, auf einer leichten Abfahrt sei es aber schwierig, schnell zu sein. Man dürfe sich keinen Fehler erlauben. Kröll vermisst den "Abfahrtscharakter", aber auch der Steirer ist richtig "froh" über ruhige Piste und gute Sicht.

Da bei der Garmisch-Abfahrt und dem Sieg des Norwegers Aleksander Aamodt Kilde keiner der Kugelanwärter groß gepunktet hat, wird die Abfahrtsweltcupführung des verletzten Aksel Lund Svindal auch das Südkorea-Rennen überdauern. Der Südtiroler Peter Fill liegt als Zweiter 121 Zähler zurück, es folgen der Franzose Adrien Theaux (minus 167), dessen Landsmann Guillermo Fayed (189), Reichelt (208) und Jansrud (209). Nach der Abfahrt in Jeongseon folgen noch Chamonix, Kvitfjell und St. Moritz.