Geäußert wurde diese Kritik vor der Weltcup-Abfahrt am Freitag in Gröden (12.15 Uhr) ausgerechnet von den Ex-Kollegen Stephan Eberharter und Michael Walchhofer.

In ihren Funktionen als ÖSV-Vizepräsident (Walchhofer) und Ski-Experte (Eberharter) fanden die beiden einstigen Abfahrts-Aushängeschilder kritische Worte. Das Team müsse sich etwa laut Walchhofer "im Kollektiv an der Nase nehmen". Die Reaktionen der aktuellen Piloten: Kopfschütteln. "Entbehrlich", meinte Routinier Klaus Kröll und fügte kämpferisch hinzu: "Wir werden beweisen, dass wir es nicht verlernt haben."

"Sie haben meine Handynummer und können mich jederzeit anrufen. Das wäre mir lieber, als wenn sie über irgendwelche Zeitungen auf uns draufhauen", fand auch Reichelt im Grödnertal klare Worte. "Tipps von solchen Leuten sind jederzeit willkommen, gerade solche Kaliber wie Walchhofer und Eberharter wären dafür prädestiniert" sagte Reichelt.

Im WM-Winter sind gerade einmal zwei Abfahrten absolviert. In Lake Louise war Reichelt als bester Österreicher Neunter, in Beaver Creek holte Max Franz mit Rang sieben die magere ÖSV-Topplatzierung. "Hinten nach fahren ist nicht cool. Keine Ahnung, warum es nicht klappt. Jeder einzelne hat derzeit ein bisschen mit sich zu kämpfen, aber das kommt schon wieder", erklärte Franz.

Doch nun steht ausgerechnet Gröden auf dem Programm. Auf der Saslong schauten die ÖSV-Abfahrer in den vergangenen Jahren stets schlecht aus. Der bis dato letzte Sieg gelang 2008 - durch Walchhofer. 2012 und 2013 war man sogar jeweils in ein Debakel ohne Top-Ten-Ergebnis geschlittert.

Franz mag die Gröden-Abfahrt eigentlich. "Nach den Autobahnen in Nordamerika kommen jetzt die Wellen in Gröden. Das ist eine coole Abfahrt, die Spaß macht. Hier gibt es sehr viel Zeit zu holen, aber auch sehr viel Zeit zu verlieren", meinte der Kärntner.

Reichelt, der gemeinsam mit Mayer in die Rolle des Teamleaders gewachsen ist, sieht keinerlei Grund zur Panik. "Es fehlt auch in der Abfahrt nicht viel. Bei mir persönlich sind es kleine technische Fehler, teilweise nur ein einziger Zentimeter bei der Kurvenlage", sagte der Salzburger. Als Siegkandidat sieht sich Reichelt aber für Freitag nicht wirklich.

"Gerade in Gröden gibt es einige echte Spezialisten", wusste Reichelt und verwies auf Leute wie den US-Amerikaner Steven Nyman, den Schnellsten im Mittwoch-Training. Und der Norweger Kjetil Jansrud ist derzeit ohnehin auf jeder Abfahrt der Welt einer der Topfavoriten. "Es macht richtig Spaß, ihm derzeit beim Skifahren zuzuschauen", zog der Kitz-Sieger den Helm vor dem bisherigen Saisondominator.

Kröll will von einer Krise überhaupt nichts wissen. "Ganz im Gegenteil, ich befinde mich in einer Aufwärtsspirale", merkte der Steirer an. Nach Verletzungen an Schulter und Fuß und einer völlig verkorksten vergangenen Saison spürt der Steirer nun erstmals seit langem, dass es wieder bergauf geht. "Ich merke, dass ich wieder Schwünge fahre wie früher. Es bewegt sich etwas", meinte Kröll erfreut. Ein Top-Ten-Platz in Gröden ist das Ziel.

Die ÖSV-Trainerriege versuchte aus den schwachen Gröden-Ergebnissen der vergangenen Jahre zu lernen. Im jüngsten Trainingsblock in Sölden wurde probiert, die großen Wellen auf der Saslong-Strecke so gut wie möglich zu simulieren. "Ich bin mir sicher, dass wir Leute haben, die auch in Gröden ganz vorne mitfahren können", erklärte Speed-Cheftrainer Florian Winkler.