Andrea Limbacher hatte sich nach einem Kreuzbandriss zurückgekämpft und sich in dieser Saison mit Topleistungen noch zurückgehalten, am Kreischberg ging ihr alles auf. Die sportliche Leiterin Sabine Wittner hatte gerade erst der Familie von Zangerl eine erste Entwarnung geben, er sei immer ansprechbar gewesen, klagte aber über Brust- und Rückenschmerzen. Nach der Goldfahrt von Limbacher schossen ihr die Tränen in die Augen.

"Es berührt mich gerade total, ich hoffe, dass es Zäng gut geht. Andrea kommt auch von einer langen Verletzung zurück und macht dann Gold. Und so souverän, wie sie heute gefahren ist. Das ist ein Hammer. Ich möchte mich wirklich bei allen meinen Trainern bedanken, allen voran Gerri Posch, die ganze Truppe hat super Arbeit geleistet. Wir sind überglücklich", sagte Wittner mit tränenerstickter Stimme.

Limbacher hatte im Finale die hoch favorisierten David, bereits 2007 Weltmeisterin, und Titelverteidigerin Fanny Smith aus der Schweiz auf die weiteren Plätze verwiesen. "So standhaft gegen die Ophelie zu bleiben, gegen die Grande Dame, es ist unglaublich. Andrea hat heute einen Lauf gehabt, sie ist in der Früh schon mit einem Lächeln da durchgefahren. Sie war nicht nervös. Herrlich", erzählte Wittner.

Die überglückliche Siegerin musste bange Minuten im Ziel warten, ehe Gold feststand. Im Finish spürte sie David näherkommen. "Ich habe mich noch einmal richtig gestreckt, es ist heute alles aufgegangen", sagte die 25-Jährige, die regelrecht Fingerspitzengefühl bewiesen hatte, denn mit dem Finger lag sie knapp, aber doch vorne. Es war das dritte Ski-Cross-Gold für Österreich in der Geschichte, 2005 in Ruka hatte Karin Huttary gewonnen, 2009 in Inawashiro Andreas Matt.

"Es ist unbeschreiblich, den Tag werde ich sicher nie vergessen", sagte Limbacher, die bisher zwei Weltcupsiege gefeiert hat. Die Saison verlief nicht wunschgemäß, aber sie verlor die Geduld nicht. "Ich wusste, dass ich es drauf habe. Ich wusste, es muss einmal das Glück auf meiner Seite sein, das war heute einmal da."

Die Ski-Crosser boten zum Abschluss der WM vor voller Arena eine spektakuläre Flugshow mit allerdings auch mehreren Stürzen. Am schlimmsten hatte es im Halbfinale Thomas Zangerl und den Schweizer Armin Niederer erwischt, deren Ski sich ineinander verhakt hatten. Sie wurden zu genaueren Untersuchungen in die Krankenhäuser Klagenfurt bzw. Judenburg geflogen. Aber auch Sotschi-Olympiasiegerin Marielle Thompson schied unsanft aus.

Zangerl hat bei seinem böse aussehenden Sturz eine Fraktur eines Querfortsatzes im Lendenwirbelbereich erlitten. Das ergaben Untersuchungen im Krankenhaus Klagenfurt. Außerdem erlitt der Tiroler Prellungen und Schürfwunden im Gesicht. Zangerl befindet sich laut Österreichischem Skiverband auf dem Weg in die Privatklinik Hochrum zu Christian Fink, er wird sich einer Schmerztherapie unterziehen und benötigt Ruhe. Ein Eingriff ist nicht nötig.

Zweitbeste ÖSV-Dame war Christina Staudinger auf Platz elf, Katrin Ofner wurde 17. Bei den Herren siegte zur Freude der zahlreichen slowenischen Fans überraschend Filip Flisar vor dem französischen Olympiasieger Jean Frederic Chapuis und dem Schweden Victor Öhling Norberg. Zangerl wurde als Achter klassiert, Andreas Matt als Neunter und Johannes Rohrweck als 17.

Matt überstand das Achtelfinale, danach war Endstation. "Die Wellenbahn habe ich verpatzt, das war der größte Fehler. Ganz unten habe ich mir gedacht, jetzt fangen die Deutschen an rangeln, vielleicht schmeißt es noch beide raus", sagte der Tiroler, der beim Zielsprung ein Ausweichmanöver starten musste. Anschließend fieberte er mit Limbacher mit, die Werbung für den Sport war gewiss: "Das war das Wichtigste, dass man sieht, dass es aufwärtsgeht mit uns."

Für Österreich gab es damit sechs Medaillen bei der ersten gemeinsamen WM der Snowboarder und Ski-Freestyler, zwei in Gold, zwei in Silber und zwei in Bronze.

"Bin grad geflasht"

Mit Gold um den Hals fragte sich Andrea Limbacher selbst, woher sie das Selbstvertrauen genommen hatte. Mit zwei Weltmeisterinnen stand sie am Kreischberg im Ski-Cross-WM-Finale und hatte am Start nur eines im Sinn: "Ich wollte auf alle Fälle Gold." Im superknappen Finish hatte sie sich gestreckt und gehofft, dass die Arme lang genug sind. "Ich bin superdankbar, dass alles so funktioniert hat."

Bei der Foto-Auswertung war das Glück auf ihrer Seite, das ihr so oft schon gefehlt hatte, und der Weltmeistertitel Realität. "Sicher hätte ich mich über Silber auch gefreut, aber Gold ist mir natürlich hundertmal lieber." Die Saison war bisher nicht gut für sie verlaufen, aber am Kreischberg sah sie schon in den Trainings, dass etwas möglich ist. "Es ist ein technischer Parcours, der mir liegt. Ich habe mich einfach auf das konzentriert, was zu machen ist, der Rest hat passieren müssen."

Zwei Verletzungspausen hat die ehemalige Alpinskiläuferin schon hinter sich, 2010 riss sie sich das Kreuzband, kehrte aber rasch wieder zurück. Nur vier Tage nachdem sie in Les Contamines ihren zweiten Weltcupsieg gefeiert hatte, zog sich Limbacher am 16. Jänner 2013 beim Rennen in Megeve einen Kreuzband- und Meniskusriss sowie Knorpelschaden im rechten Knie zu. "Das hat mich ziemlich zurückgeworden. Die letzte Saison war ein bisserl ein Kompromiss, ich war nicht hundertprozentig fit. Und wenn du nicht hundertprozentig fit bist, kannst du nicht die hundert Prozent im Rennen geben."

Nach Saisonende habe sie sich eine längere Pause gegeben und sei wieder in Schwung gekommen. "Und so lange ich meinem Knie nichts zu Fleiß tue, tut es mir auch nichts zu Fleiß, und so werden wir die ganze Saison weiterfahren", sagte die zweifache Olympiateilnehmerin aus dem Salzkammergut. "Ich habe so eine Freude am Sport, an ein Aufhören wäre nie zu denken. Jetzt habe ich mich zurückgekämpft und das Ganze mit einer Goldmedaille belohnt."

Mitgefreut haben sich in der Steiermark auch die Familie, Vater Josef ist ein großer Förderer. "Er hat sicher am meisten mitgelitten. Die Medaille verdanke ich auch ihm. Wenn mich mein Dad in den Anfangsjahren nicht unterstützt hätte, wäre das alles nicht möglich gewesen. Ich hoffe, er hat eine Riesenfreude mit der Medaille."

Auch beim Umstieg von Alpin zum Cross unterstützte er sie: "Er hat immer an mich geglaubt. Vielleicht wäre im Alpinen auch was möglich gewesen, aber ich wollte was Neues probieren. Ich bin gleich voll super reingestartet und habe gemerkt, dass das genau das Richtige für mich ist." Bei der Siegerehrung habe sie immer wieder zur Familie und den Fans geschaut und es habe ihr die Tränen in die Augen gedrückt. "Dass sie das mit mir live erleben dürfen, werden wir alle nie vergessen."

Ein ebenso wichtiger Wegbegleiter ist Trainer Gerold Posch, der schon im Alpin ihr Landestrainer war und ein Jahr nach ihrem Umstieg zum Cross ebenfalls wechselte. "Gerri begleitet mich schon lange. Wir hatten eine super Saisonvorbereitung, er hat sich wirklich extrem reingehaut, war selten zu Hause. Auch wenn es in dieser Saison noch nicht so funktioniert hat, habe ich mich trotzdem gut gefühlt. Und anstatt mich fertig zu machen, habe ich einfach auf mein Können vertraut. Und das haben meine Trainer auch. Ich wusste, wenn der Tag es zulässt, ist alles möglich."

Das ganze Team befände sich in einer super Form, das Teamklima sei ebenfalls bestens. "Es freut mich, wenn sich alle für mich freuen. Ich hätte mich für sie auch gefreut", sagte Limbacher. Es gäbe keinen besseren Standort, als daheim eine Medaille zu gewinnen. "Ich bin auch dankbar, dass wir die Möglichkeit dazu hatten. Ich bin jetzt grad geflasht."