Trotz der Duplizität der Ereignisse, also dem neuerlichen Turniersieg in Nizza und der knappen Anreise nach Roland Garros, ist die Herangehensweise Thiems an seinen Saisonhöhepunkt eine ganz andere. Vor einem Jahr ist der Lichtenwörther noch als Nummer 31 nach Paris gekommen, nun ist er bereits ein Top-15-Spieler - die Ansprüche des Schützlings von Günter Bresnik sind demententsprechend gestiegen.

"Letztes Jahr habe ich den ganzen Fokus auf Nizza gelegt, auf das Finale und war dann auch ziemlich müde und leer", erinnerte sich Thiem an die Tage seines ersten Turniersiegs. Er sei dann auch noch bis Sonntag an der Côte d'Azur geblieben. "Dieses Jahr ist das Hauptaugenmerk ganz klar auf den French Open. Nizza war eine super Vorbereitung, aber sobald der Matchball dort gespielt war, bin ich gleich hierher gereist."

Die Mission lautet eindeutig, im zehnten Grand-Slam-Turnier seiner Karriere zum zweiten Mal nach den US Open 2014 das Achtelfinale zu erreichen. "Es ist ein Unterschied, was das Ziel ist und was ich denke. Ziel ist auf jeden Fall, einmal wieder in die zweite Woche zu kommen, da will ich gar nicht lügen", sagte Thiem, aber man habe schon gegen Inigo Cervantes gesehen, wie schwierig es sei. "Und es wird von Runde zu Runde schwerer."

Die nächste Hürde heißt nun Guillermo Garcia-Lopez. Erneut ein Spanier, erneut ein Spieler, an den sich Thiem erst herantasten muss, weil er noch nie gegen ihn gespielt hat. "Das ist auch ein unangenehmes Los und für die zweite Runde sicher einer der stärkeren Spieler, die man haben kann", sagte Thiem. Garcia-Lopez ist aktuell Nummer 51 der Welt, sein bestes Resultat 2016 war das Halbfinale in Bukarest.

Thiem ist auch in diesem Match Favorit, zudem attestierte er sich trotz Anlaufschwierigkeiten beim Vier-Satz-Sieg über Cervantes "von den Schlägen her sicher das beste Match seit einigen Wochen". Er habe in Nizza auch viel trainiert. "Jetzt fühle ich mich spielerisch wieder sehr wohl."

Coach Bresnik stört ein wenig, dass Thiem immer eine gewisse Aufwärmphase braucht. "Er spielt am Anfang zu lange verhalten." Da hilft es dann schon, wenn der Coach hin und wieder ein kleines Kommando auf den Platz schreit. Coaching ist offiziell nicht erlaubt, doch in gewissem Rahmen wird es geduldet. Gegen Cervantes war es zum Beispiel der Hinweis, dessen erste Aufschläge weiter vorne zu returnieren. "Das ist ganz wichtig. Es sind nur Kleinigkeiten, die in manchen Fällen sogar das Match entscheiden können", gesteht auch Thiem.

Bresnik warnt davor, Garcia-Lopez zu unterschätzen. "Das wird noch ein bisserl schwerer, weil der nicht eingeht nach drei Sätzen." Thiem geht jedenfalls mit gutem Gefühl in die nächste Runde. "Obwohl es eine echt enge Partie war, habe ich mich spielerisch echt wohlgefühlt. Ich gehe zuversichtlich in die zweite Runde."

Ein Seitenblick auf die mögliche dritte Runde im Raster-Ast von Thiem hat noch am Dienstag eine Überraschung gebracht. Der von der Setzung her "programmierte" Drittrunden-Gegner Kevin Anderson (RSA-18) unterlag dem Franzosen Stephane Robert in vier Sätzen und Deutschlands Jungstar Alexander Zverev musste gegen Pierre-Hugues Herbert (FRA) in die "Verlängerung": Das Match wurde Mittwoch bei 2:1-Satzführung für Zverev fortgesetzt.