Sie haben Anfang des Jahres dem österreichischen Tennisverband den Rücken gekehrt und sich einen namhaften Trainer an ihre Seite geholt. Was war ausschlaggebend?
LUCAS MIEDLER: Ich wollte unbedingt den nächsten Schritt in meiner Karriere machen und habe mich deshalb für Ronnie Leitgeb entschieden. Er ist aber nicht nur mein Trainer, sondern auch mein Manager.

War es ein Bauchgefühl?
MIEDLER: Hmm, das kann ich nur schwer beurteilen. Aber es ist klar, dass man so eine zukunftsorientierte Entscheidung nicht von heute auf morgen trifft. Es hat einige Gespräche gegeben, als ich auf Turnieren unterwegs war, aber man hat versucht mich raus zuhalten, dass ich mich voll auf meine Leistung konzentrieren kann.

Hätten Sie die Befürchtung gehabt, dass sich beim ÖTV zum Großteil viel um Dominic Thiem dreht?
MIEDLER: Natürlich dreht sich einiges Dominic, aber das hat er sich nach seinen Leistungen auch verdient. Ich hätte trotzdem keine Angst gehabt zu kurz zu kommen.

Welche Vorteile sehen Sie in ihrem neuen Umfeld?
MIEDLER: Ich sehe eine große Chance darin, mich in allen Bereichen wie Technik, Kondition und mental noch weiter zu verbessern. Nur dann habe ich auch die Möglichkeit an die Weltspitze zu kommen. Ein paar neue Sachen haben wir im Training schon verändert und ich hoffe, dass man bald neue Fortschritte sehen wird.

Wie würden Sie ihren Trainer beschreiben?
MIEDLER: Er ist sehr kompetent und zielstrebig.

Wo befindet sich jetzt eigentlich ihre Trainingsbase?
MIEDLER: Es wird sich voraussichtlich sehr viel in Marbella (Spanien) abspielen. Die Möglichkeiten sind hier erstklassig. Der große Vorteil ist, dass man das ganze Jahr im Freien spielen kann und es kaum regnet. Wir trainieren auf einer Anlage mit optimalen Plätzen, wo wir auch mein Fitnesstraining absolvieren können. Sparringpartner sind auch ausreichend vorhanden. Ich konnte schon mit dem Spanier Feliciano Lopez, dem ehemaligen Wien-Sieger, trainieren.

Sie haben in einem Jahr in der Rangliste einen gewaltigen Sprung nach vorne gemacht. Von 1491 auf derzeit 376. Mehr als Sie sich erwartet haben?
MIEDLER: Ja, vor allem bin ich mit meinem ersten internationalen Turniersieg und der erfolgreichen Qualifikation in Wien sehr zufrieden. Trotzdem ist es noch ein sehr steiniger Weg. . .

2015 haben Sie sich auf Future-Ebene etabliert. Werden Sie sich 2016 mehr auf Challengers oder schon ATP-Turniere konzentrieren?
MIEDLER: Ich war Anfang der Saison auf einer Challenger-Serie in Asien unterwegs. Da lief es leider nicht so gut, weil ich am Tag vor dem letzten Turnier krank geworden bin. Ich muss laut den Ärzten noch zwei weitere Wochen mindestens pausieren. Jetzt zieht es sich einfach schon eine Weile und so gibt es momentan auch noch keinen Plan für die nächsten Wochen, weil ich mich vorher wieder vollständig regenerieren muss. Aber danach heißt's wieder Vollgas geben.

Was macht es eigentlich so schwierig den Sprung von der Future/Challenger auf die ATP-Tour zu schaffen?
MIEDLER: Man darf sich einfach keine Schwächephasen mehr leisten, weil die Konkurrenz einfach noch besser und konstanter wird.

Schauen Sie sich noch was von den Großen ab?
MIEDLER (schmunzelt): Natürlich, man kann immer viel von den besten lernen.

Wo sehen Sie ihre Stärken bzw. Schwächen?
MIEDLER: Ich habe ein gutes Spielverständnis und fühle mich sehr wohl, wenn ich das Spiel übernehmen kann, um dann auch ans Netz nachzurücken zu können. Als Schwäche sehe ich noch die Unbeständigkeit beim Aufschlag und wenn ich selbst in die Defensive gerate.

Sie gelten neben Dominic Thiem als größtes Tennistalent Österreichs. Lässt Sie das kalt?
MIEDLER: An das denke ich gar nicht. Einen gewissen Druck hat man als Tennisspieler sowieso. Das wäre nur hinderlich, wenn so etwas auch noch zu einer zusätzlichen Belastung werden würde.

INTERVIEW: DENISE MARYODNIG