Dominic Thiem kann sich am Samstag seinen ersten
Turniersieg auf der ATP-Tour holen. Der 21-jährige
Niederösterreicher qualifizierte sich am Freitag in Nizza nach einer starken Leistung gegen den als Nummer zwei gesetzten US-Aufschlag-Riesen John Isner nach 1:28 Stunden mit 7:6(5),6:3 für das zweite Endspiel seiner Karriere nach Kitzbühel 2014.

In diesem will sich der junge Österreicher nun auch den ersten Titel holen. Gegner im "Nice Lawn Tennis Club" an der Avenue Suzanne Lenglen wird um 14.30 Uhr (live ORF Sport +) der als Nummer vier
gesetzte Argentinier Leonardo Mayer sein. Denn im zweiten Halbfinale setzte sich nicht der Youngster sondern der Routinier durch. Mayer schlug den kroatischen Aufsteiger Borna Coric mit 6:4,6:3.

Thiem stand zunächst noch lange unter dem Eindruck seines Sieges gegen den ehemaligen Top-Ten-Mann Isner. "Leute wie ihn schlägt man nicht alle Tage. Das war ein guter Sieg gegen einen sehr guten
Spieler", sagte Thiem nach dem Triumph über den Weltranglisten-17.

2,08 Meter, 111 Kilogramm

Thiem hatte in Nizza zuvor Victor Estrella Burgos (DOM), Nick Kyrgios (AUS) sowie im Viertelfinale seinen alten und neuen Stallkollegen Ernests Gulbis bezwungen. Der Lette ist seit Barcelona
wieder bei der Bresnik-Gruppe. Das Halbfinale gegen den 2,08 m großen und 111 Kilo schweren Isner verlief dann bei Sonne und viel Wind lange wie erwartet.

Zunächst hatte der Österreicher gegen die krachenden Aufschläge und Winner des Riesen aus North Carolina keine Chance. Er versuchte
deshalb zunächst einfach im Spiel zu bleiben, den Gegner in lange Rallys zu verwickeln und auf seine Chance zu warten.

Die kam bei 4:4 mit Isners erstem Doppelfehler. Thiem nutzte das Schwanken des Riesen, erarbeitete sich drei Breakbälle, die Isner aber mit fünf Punkten in Folge wettmachte. Thiem ließ nicht locker,
glich zum 5:5 aus und holte sich dann mit seinem bis dahin stärksten Game endlich das Break zum 6:5.

Allerdings ließ er auch gleich sein schlechtestes Game folgen und kassierte das Rebreak. Was folgte war bemerkenswert: Denn im Tiebreak war nicht Aufschlagkanonier Isner der Stärkere sondern der
Österreicher, der nach 54 Minuten Satz eins in der Tasche hatte.

88 Minuten bis zum Sieg

Es war der Knackpunkt der Partie, denn nach der Pause hatte Thiem die nächsten drei Games nach nur sechs Minuten und ohne Punktverlust
gewonnen. Selbst zwei vergebene Breakbälle auf eine 5:1-Führung spielten keine Rolle mehr. Nach insgesamt 88 Minuten riss der siegreiche Österreicher die Arme zum azurblauen Himmel.

"Es war sehr gut, wie ich im Tiebreak gleich voll dabei war. Es war der Schlüssel, denn ich hätte genüg Gründe gehabt, verzweifelt zu sein, weil ich nach dem so hart erarbeiteten Break gleich wieder
meinen Aufschlag verloren habe", zeigte sich Thiem vom eigenen Kampfgeist angetan. "Dann habe ich die Chance gleich gepackt und genutzt."

Gegen Mayer hat Thiem 2014 zwei Mal gespielt und nur in der Quali von Madrid gewonnen. Wichtig sei aber, im Finale zu stehen. "Da ist man ja nicht alle Tage. Und ich werde alles unternehmen, um es auch
zu gewinnen."

Der Unterschied zu Kitzbühel vor neun Monaten war für Thiem schnell gefunden. "Kitz war der totale, unfassbare Hype. Nicht normal. Ich war in einem totalen Rausch, habe verloren und war
danach für zwei Wochen hin", erinnerte er sich.

"Keine Zeit für Trübsal"

Jetzt steht er erstmals außerhalb Österreichs in einem Endspiel. "Und dann kommen gleich die French Open. Ich habe also keine Zeit Trübsal zu blasen, sollte es schief gehen. Deshalb kann ich lockerer
rein gehen als in Kitzbühel."

Außerdem hält sich Thiem fast ein Jahr später für einen besseren Spieler. "Kitzbühel kam doch sehr früh. Jetzt habe ich einige Matches mehr gewonnen, habe mehr Erfahrung. Auch charakterlich habe ich mich als Tennisspieler weiterentwickelt."

Auch fünf Kilo abgenommen hat er gegenüber dem Vorjahr. Vorrangig durch das Weglassen von Süßigkeiten. Nur ab und zu gönnt sich Thiem
nun nur noch seine heiß geliebte Schokolade. Belohnen wird er sich aber auch in Nizza noch nicht. "Frühestens nach Paris", hat er sich
vorgenommen.

Thiem hat nach dem Sieg über die aktuelle Nummer 17 der Welt bereits ein Preisgeld von brutto 42.100 US-Dollar sowie 150 ATP-Punkte sicher. Am Tag vor den French Open spielt er nun um seine
erste Siegestrophäe, die ihm einen Scheck in Höhe von 80.000 Euro sowie 250 ATP-Zähler einbringen würde. Thiem kratzt mit dem Finaleinzug an seiner bisherigen ATP-Ranking-Bestmarke (36.) und
könnte mit einem Sieg schon knapp an die Top 30 heranrücken.