Erst vor ein paar Tagen war er wieder auf dem Gaberl, so etwas wie sein Hausberg. Für die heutige ORF-Doku anlässlich seines Geburtstages haben sie ein paar Sequenzen an genau jener Stelle gedreht, wo sich Rudi Mitteregger vor vier Jahrzehnten zumindest ebenso unvergesslich gemacht hat, wie auf dem Großglockner und in seinen jahrelangen Duellen mit Wolfgang Steinmayr.

Historische Reifenpanne

Es war bei der Österreich-Rundfahrt 1974, die Etappe von Graz auf den Österreich-Ring, ein paar Kilometer von Mittereggers Heimat in der Gaal entfernt. Als Erster auf dem Gaberl, hatte er den Sieg vor Augen, als ihn ein defektes Hinterrad stoppte. Fast drei Minuten musste er auf seinen Betreuerwagen, in den Menschenmassen auf der Passhöhe stecken geblieben, warten. Sein verzweifeltes "Wo bleib’n denn de Aff’n? Ja san denn de deppert?" und wie er, das Rad in der Hand, am Straßenrand zappelte, ist ein zigtausendfach gesehenes Youtube-Evergreen.

Vier Mal war Rudi Mitteregger "Glocknerkönig", im Zeitalter der heute ständig bunt zusammengewürfelten Profifelder wahrscheinlich ein Rekord für alle Ewigkeit. Erst vor drei Jahren war er das letzte Mal auf "seinem" Großglockner, beim "Fight for Pink" im Rahmen des Giro- d’Italia-Gastspiels. "Aber da habe ich nicht mehr auf die Uhr geschaut, sondern nur darauf, dass ich noch rauf komme", sagt Mitteregger heute.

Fataler Sturz

In einem Alter, in dem andere längst vom Rad steigen, fuhr Rudi Mitteregger noch immer auf höchstem Niveau Rennen. Und selbst mit knapp 39 Jahren wurde seine Laufbahn ungewollt beendet. Als er beim Klassiker Wien-Gresten-Wien 1983 in eine Baugrube stürzte, zog er sich einen Lungenriss und Serienrippenbrüche zu. Während der 21 Tage im Spital litt er unter Herzrythmusstörungen, die Ärzte rieten ihm daraufhin, seine Karriere zu beenden. Nichts wurde aus Mittereggers geplantem dritten Olympi-Start (nach München 1972 und Montreal 1976) in Los Angeles '84.

Fast 10.000 Kilometer pro Jahr sitzt Rudi Mitteregger noch heute auf Rennrad und Mountainbike. Die großen Rennen und Rundfahrten verfolgt er zu Hause in seiner Heimat Gaal, wo sogar die Siedlung nach ihm benannt wurde, stundenlang vor dem Fernseher. Nur das "Noch länger, noch höher, noch härter" des heutigen Radsports, das gefällt ihm nicht.

Thema Doping

Beim Thema Doping fallen ihm sofort wieder die Radgiganten einer damaligen UdSSR oder DDR ein, gegen die Mitteregger noch gefahren ist. "Sie waren den Dopingjägern immer zwei Jahre voraus." Er selbst hatte einen Profivertrag zwar zeitweise im Hinterkopf. "Aber ich war zu gutmütig für den Spitzensport, zu wenig Schlitzohr", sagt Rudi Mitteregger. Wohl wissend, dass er mit seinen damaligen Erfolgen auf heute umgerechnet "ein sehr gutes Geschäft" machen könnte. "Aber als Profi musst du ein bissl ein Schweindl sein, ein Egoist. Das wollte ich nie."

GERALD POTOTSCHNIG

TV-Tipp (heute): ORF Sport+, 20 Uhr. Rudi Mitteregger. Eine steirische Fahrradlegende wird 70.