In Beziehungen ist es die magische Zahl. 50 Jahre – da feiern Eheleute die goldene Hochzeit. Und genau das tun die US-Amerikaner an diesem Wochenende. Mit dem 50. Superbowl feiern sie die goldene Hochzeit mit ihrem Lieblingssport. Dabei werden im Land der unbegrenzten Möglichkeiten an keinem Tag weniger Ehen geschlossen, als wenn der NFC- auf den AFC-Champion trifft. Bis zu 140 Millionen Zuseher verfolgen das Spiel im Fernsehen, bis zu einer Milliarde Menschen werden weltweit erreicht. Pizza-Lieferdienste machen an diesem Tag ein Drittel ihres Jahresumsatzes. Warum aber übt dieses eine Spiel eine derartige Faszination auf so viele Menschen in den USA aus – und mittlerweile auch in der ganzen Welt?

Ein großer Teil ist das Spektakel selbst. Die gigantische Show in der Halbzeit, in der binnen weniger Minuten eine Bühne auf- und wieder abgebaut wird – für einen Starauflauf der Sonderklasse. Heuer werden Beyoncé, Coldplay und Bruno Mars auftreten. Längst ist es ein Ritterschlag für die Künstler, wenn sie im Superbowl auftreten dürfen.

Los geht es aber schon lange vor dem Kick-off. Wer einmal in der Superbowl-Woche am Austragungsort war, weiß, dass es an dem Spiel kein Vorbeikommen gibt. Schon auf dem Flughafen stehen riesige aufblasbare Tore, die auf die Partie hinweisen. Die ganze Woche über wird in den TV-Sendern auf das Finale hingefiebert. Am Media Day müssen alle Spieler teilnehmen, auch wenn sie – wie 2015 Seattles Marshawn Lynch – immer antworten, dass sie „nur hier“ seien, „um keine Strafe zu bekommen“.

Moderne Gladiatoren

Und natürlich fasziniert auch der Sport selbst. An der Oberfläche ist Football rau und brutal. Wenn 140-Kilo-Bröckerln vergleichsweise schmächtige Athleten im vollen Lauf rammen, wirken Kräfte wie beim Zusammenstoß mit einem Auto. Solche Szenen sind bestens geeignet, um von den Inszenierungsprofis in den Vereinigten Staaten als moderne Gladiatoren-Kämpfe stilisiert zu werden. Da werden auch etwaige Folgeschäden ausgeblendet.
Unter der Oberfläche verbirgt sich aber ein komplexes Geflecht aus Spielzügen, Laufwegen und schnellen Entscheidungen von Trainern und Spielern gleichermaßen. Eine Art Schach mit körperlichen Mitteln. Dadurch bleibt das Spiel für den mäßig interessierten Laien genauso spannend wie für den Experten, der die taktischen Finessen entdeckt.

Dazu kommt dann auch noch die De-facto-Aussichtslosigkeit, das Spiel jemals live im Stadion zu erleben. Nur der US-Präsident hat sein Ticket immer fix. Der Rest wird nach einem Schlüssel an Fans im ganzen Land vergeben. 80.000 Tickets für Hunderte Millionen Fans. Von den Preisen ab rund 4000 Euro und den Kosten der Reise an den Austragungsort ganz zu schweigen.
Anders als in einer Ehe ist eines sicher: Die Amerikaner werden ihrem Lieblingssport wohl auch in den nächsten 50 Jahren die Treue halten.

STEFAN TAUSCHER, KLAUS MOLIDOR