Red Bulls Motorsportdirektor Helmut Marko sieht
derzeit wegen der Unterlegenheit der Renault-Motoren keine Chance für das österreichisch-britische Formel-1-Team, an der Spitze mitzufahren. "Es ist nicht möglich, dort hinzukommen, wo Mercedes ist", betonte der Steirer in der ServusTV-Sendung "Sport und Talk aus dem Hangar-7".

Dass Ferrari es in der Winterpause geschafft hat, den motorischen Rückstand auf Mercedes derart zu verkleinern, dass Sebastian Vettel  in Malaysia vor den Mercedes-Piloten Lewis Hamilton und Nico Rosberg siegte, erklärte Marko damit, dass die Scuderia in Maranello "einen besseren Job als Renault" gemacht habe. "Wir brauchen einen Motor, der funktioniert. Wenn wir das schaffen, was
Ferrari erreicht hat, dann sind wir wieder in der Lage
mitzufighten", sagte der 71-Jährige, der jedoch glaubt, dass es "bis Jahresende" dauern werde, um "auf diesen Stand" zu kommen.

Tatsachen müssen revidiert werden

Nach nur zwei Saisonläufen müssen einige vor der Saison noch scheinbar unumstößliche Tatsachen schon revidiert werden. Für die favorisierte Mercedes-Mannschaft wird die Titelverteidigung doch nicht so einfach, und Ferrari hat mit seinem neuen Star Sebastian Vettel schneller als gedacht gewonnen. Der Deutsche bewies mit seinem Erfolg in Sepang, dass er heuer ein echter Herausforderer sein könnte.

Grund zum Feiern hatte Ferrari in Malaysia deshalb genug. Spontan entschied sich Vettel deshalb, seinen für Sonntag geplanten Heimflug zu Frau und Kind zu verschieben und kündigte bereits vorab eine feuchtfröhliche Party an. Aber auch im rund 10.000 Kilometer entfernten Italien ging es turbulent zu. Im Auditorium "Enzo Ferrari" am Firmensitz Maranello rasteten die Tifosi regelrecht aus. Bei den gereizten Silberpfeilen denkt man indes über einen Strategiewechsel nach.

"Sepang, die Magie von Vettel", titelte "La Gazzetta dello Sport" und schrieb weiter: "Stärker als die Kolosse von Mercedes." Parallelen zum früheren Ferrari-Star Michael Schumacher wurden in Italiens Blättern des öfteren zitiert. "Die Roten finden ihren verlorenen Kaiser wieder", schrieb "Corriere dello Sport". Vettel verschob die Rückreise in die Schweizer Wahlheimat nach einem aus vielerlei Gründen "ganz besonderen Tag" auf Montagabend, um die Osterwoche mit seiner Familie - und Fitnesstraining - zu verbringen.

Erster Vettel-Sieg seit November 2013

Gründe für die spontane Feier gab es reichlich: Für den vierfachen Weltmeister war es nicht nur der erste Sieg mit der Scuderia, es war auch sein erster seit dem Saisonfinale im November 2013, damals noch mit Red Bull. Mit nun 40 Erfolgen fehlt dem Hessen nur noch ein weiterer, um in dieser Bestenliste mit Ayrton Senna (41) gleichziehen zu können. Mehr GP-Erfolge haben nur noch Schumacher (91) und Alain Prost (51). Ferrari musste noch länger auf einen Sieg warten: Fernando Alonso hatte 22 Monate zuvor in Barcelona letztmals gewonnen.

Obwohl Vettel erst ein paar Monate bei Ferrari ist und dort erst zwei Grand Prix bestritt, hat sich schon ein herzliches Verhältnis zwischen dem "Tedesco" und dem für seine Leidenschaft berühmten Traditionsteam entwickelt. Vettel kommt mit seiner Art bei den Ferraristi gut an. In Sepang gewann "Seb" nicht nur durch seinen Sieg weitere Sympathien und Wertschätzung, sondern auch durch seinen emotionalen Auftritt danach mit Tränen, dem Griff zur Ferrari-Fahne und italienischen Dankesworten.

Der von den Ferraristi verehrte Schumacher zeigte sich nur in Ausnahmesituationen so spontan und persönlich. Vettel weiß, wie er die italienischen Herzen gewinnen kann, und bedankte sich mehrmals: "Grazie, grazie". Immer wieder sprach Vettel vom wahr gewordenen "Kindheitstraum" und wie bewegt er gewesen sei, als "ich das Tor von Maranello durchschritten habe".

Kindheitstraum wurde wahr

In diesem Moment wurden Kindheitserinnerungen wach: Als er als Bub noch Kart fuhr, nahm ihn sein Vater Norbert einmal mit nach Italien, um Schumacher beim Grand Prix zuzuschauen. Die Vettels machten auch einen Ausflug ins Ferrari-Heiligtum - und Klein-Sebastian stand damals noch vor den verschlossenen Toren.

Dass Vettel und Ferrari beim nächsten Grand Prix wieder so feiern können, ist eher unwahrscheinlich. Die Hitze in Sepang spielte den "Roten" voll in die Karten. Die Reifen bauten am SF15-T deutlich weniger stark ab als bei den Silberpfeilen. Hätte Vettel wie der zweitplatzierte Lewis Hamilton und Nico Rosberg auf Rang drei ebenfalls dreimal stoppen müssen, wäre Mercedes der nächste Doppelerfolg garantiert gewesen.

Die richtige Taktik erwies sich am Ende als gewinnbringend - und sorgte für gedrückte Stimmung beim Branchenprimus. Statt einer Siegesserie wie im Vorjahr wurden die scheinbar unschlagbaren Silberpfeile schon beim zweiten Saisonrennen gestoppt. In der Qualifikation hatte es sich angedeutet, dass Lewis Hamilton und vor allem Nico Rosberg im Rennen Probleme bekommen könnten. Für den nächsten WM-Lauf in Shanghai kündigten die Weltmeister bereits Revanche an.

"In Shanghai wird es anders", meinte Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff. Und Rosberg schickte "eine Kampfansage" an die erstarkte Konkurrenz: "In China werden wir zurückschlagen." Im Notfall auch mit einem Strategiewechsel. Wolff sagte, dass bei Mercedes "vielleicht zu sehr der Fairplay-Gedanke" gelte. Beide Fahrer werden gleich behandelt. "Vielleicht müssen wir umdenken", sinnierte der Wiener, "und eventuell unpopuläre Entscheidungen treffen". Für teaminterne Spannung bei Mercedes scheint somit wieder gesorgt.