Der achte Sieg im neunten Spiel dieser EM-Qualifikation stand zu Buche, aber Marcel Koller war weit entfernt von Jubel- oder Feierlaune. Vielmehr stellte der Schweizer in seinem Urteil über die Partie gegen Montenegro die negativen Aspekte des Matches voran. "Wollt ihr so weiterspielen?", habe er seine Spieler in der Kabine gefragt und damit auf die vielen Nachlässigkeiten aufmerksam gemacht, die sich seine Nationalmannschaft vor der Pause geleistet hat.

Koller nahm das mäßige Abwehrverhalten aufs Korn und redete den Kickern ins fußballerische Gewissen. Sie mögen sich doch bitte all jener Tugenden erinnern, die sie in diesem Jahr in praktisch jedem Spiel gezeigt hätten, besonders das umfassende Spielverständnis.

Umfassendes Spielverständnis

Koller musste die Stürmer an deren Defensivaufgaben erinnern und die Abwehrspieler an die Teilnahme im Offensivbereich. "Alle müssen verteidigen, und alle haben sich auch in den Angriff einzuschalten", so der Schweizer. "Es gibt keine Ausreden mehr. Ob der Boden zu rutschig ist oder das Licht zu hell, das darf alles keine Rolle spielen", ging Koller mit seinen Mannen scharf ins Gericht. Und dies nach einem in letzter Minute errungenen 3:2-Erfolg. "Wir wissen, dass man ein bisschen Spaß braucht", nahm der Nationaltrainer Bezug auf die komfortable Lage. "Aber wo ist die Grenze?"

Das Verhalten nach der Pause nahm der Teamchef dann aber doch zum Anlass, auf die positiven Aspekte einzugehen. "Da hat die Mannschaft gezeigt, was in ihr steckt." Und sie hat auch jene Prozente ergänzt, die vorher gefehlt hätten. "Das ist ein wichtiger Lernprozess", meinte Koller.

HUBERT GIGLER, PODGORICA