Toni Polster, bekannt für sein sehr sonniges Gemüt, kann auch ganz anders. Er kann nachdenklich sein, reflektiert und still. „Schlimm ist ja, dass so viele Menschen nicht schuld sind an ihrem grausamen Schicksal. Ob das nun Menschen sind, die vor Kriegen auf der Flucht sind oder Österreicher, die hier alles verloren haben und einige davon gar nichts dafürkönnen“, sagt der Trainer der Wiener Viktoria und rückt ein Einzelbett ganz nahe an ein anderes heran.

Da wird Platz gespart, denkt man, doch dem ist nicht so. „Hier schlafen ein Vater und sein Sohn“, sagt Toni und man sieht ihm an, wie nahe ihm das geht. „Es erfüllt mich mit Dankbarkeit, dass es mir besser geht, was ich aber nicht als Selbstverständlichkeit werte. Und daher tut es auch ungemein gut, wenn man ein klein wenig helfen kann.“

Dieser Winter ist bereits der Sechste, in dem man bei Viktoria die Herzen und die Türen zu den Kabinen öffnet. Und erstmals gibt es Feldbetten, nachdem die Gäste früher mit Matratzen auf dem kalten Boden schliefen.
Insgesamt 20 Personen finden bis Ende März Platz. Aber nicht nur Platz, auch die Möglichkeit, sich und ihr Gewand zu waschen. Und was sie darüber hinaus noch finden, ist ein offenes Ohr. „Es ist immer jemand da, oft unser Platzwart Demirali, der nach dem Rechten sieht, aber auch mit den Leuten spricht, sich ihre Sorgen anhört und versucht, Tipps zu geben für den Alltag“, sagt Polster.

Kleine Geschenke für alle

Am 24. Dezember ist ein besonderer Tag. Und Abend. Heilig Abend. Zwar nicht für alle hier, denn aus Glaubensgründen feiern nicht alle Obdachlosen auch Weihnachten. Aber beschenkt werden sie dennoch. „Wir haben zuletzt Sachspenden gesammelt, Kleidungsstücke etwa, dazu Schokolade, Keks und Zigaretten. All das wird am 24. am Abend verteilt“, so Polster, der natürlich auch etwas beigesteuert hat. „Das will ich aber nicht an die große Glocke hängen.“

Der Alltag hier, vielmehr der Allabend, verläuft nach einem ganz genauen Schema. Dazu Klubobmann Roman Zeisel: „Die Obdachlosen müssen bis 19.30 Uhr einchecken, dann können sie Quartier beziehen. Um sieben Uhr in der Früh müssen sie jedoch wieder draußen sein, denn dann werden die Betten weggeräumt und die Kabinen wieder gereinigt.“

Seit einigen Monaten gibt es – wenngleich nicht direkt in Zusammenhang mit dem Schlafprojekt – täglich zu Mittag die Möglichkeit, heiße Suppe zu bekommen. „Es gibt einem schon sehr zu denken, dass diese Möglichkeit nicht nur von Obdachlosen genutzt wird. Man sieht, wie vielen Menschen es einfach nicht gut geht“, seufzt Sandra Wilhelm vom Verein.

„VIK Sozial – Verein für soziale Intervention und Integration“ heißt die Vereinigung, die hinter dem Projekt steht und vom SC Wiener Viktoria gegründet wurde. Das Obdachlosenprojekt war das erste Projekt, in weiterer Folge kamen Gratis-Deutschkurse, die erwähnte Suppenausschank, Gratis-Sozialberatung sowie Gewalt- und Suchtmittelprävention dazu. Es wäre kein Schaden, würde dieses Beispiel aus Wien Schule machen. Frohe Weihnachten.

ACHIM SCHNEYDER