Wie sich die Vorzeichen ändern können: 20. September 2015, 6. Spieltag in der Serie A, SSC Napoli liegt nach einem 2:1-Sieg gegen Juventus Turin als Zehnter sechs Punkte hinter der Tabellenspitze. Die Turiner sind nach einem katastrophalen Saisonstart nur auf Platz 15 zu finden. Alles schaut danach aus, als würde der Titelkampf in dieser Saison ohne die zwei Topclubs stattfinden.

Knapp fünf Monate später ist jedoch alles anders. Nach eindrucksvollen Siegesserien liegen die beiden Vereine getrennt durch zwei Punkte unangefochten an der Tabellenspitze. AC Fiorentina hat sich als Dritter mit zehn Punkten bereits aus dem Titelkampf verabschiedet. Juventus schaffte mit 14 Siegen in Serie zuletzt einen neuen Vereinsrekord. Und auch die Elf von Maurizio Sarri geht mit acht Siegen aus den letzten acht Spielen selbstbewusst in das anstehende Spitzenspiel.

Auch wenn beiden Teams die Bedeutung des Spiels bewusst ist, wollte Juve-Trainer Massimo Allegri im Vorfeld aber nicht von einer Vorentscheidung sprechen: "Das wird ein spannendes Spiel, aber kein entscheidendes Spiel", sagte der Meistertrainer, den zudem einige Personalprobleme plagen. Im Abwehrverbund fallen mit Giorgio Chiellini und Martin Caceres zwei wichtige Spieler aus. Gleiches gilt auch für Stürmer Mario Mandzukic und Sami Khedira.

Trotzdem schiebt Gegenüber Maurizio Sarri dem Gegner und Tabellenzweiten die Favoritenrolle zu: "Wahrscheinlich ist Juve stärker, aber wir müssen uns nicht verstecken und wollen versuchen zu gewinnen", betonte Sarri, der vor der Saison den Posten von Rafael Benitez übernommen hatte. Wesentlich deutlicher äußerte sich da schon Napoli-Tormann Pepe Reina: "Wir werden Juventus schlagen. Sollten wir verlieren, gewinnen wir halt die Meisterschaft", sagte der Spanier in der Gazzetta dello Sport.

Das Duell der beiden Mannschaften ist auch ein Duell der Gegensätze. Napoli gilt als Aushängeschild Süditaliens, das den Vereinen aus dem Norden seit Jahren Paroli bietet. Und während sich Rekordmeister Juventus zuletzt vier Jahre in Folge mit dem Scudetto schmückte, wartet man bei den Süditalienern seit 26 Jahren auf einen Meistertitel. Sehnlichst träumen die Fans von den goldenen Zeiten, als die argentinische Fußballlegende Diego Maradona die Süditaliener 1987 und 1990 zu den einzigen beiden Meistertiteln in der Vereinsgeschichte führte.

In die Fußstapfen von Maradona könnte nun ausgerechnet ein argentinischer Landsmann treten. Mit 24 Toren in 24 Spielen ist Ex-Real-Stürmer Gonzalo Higuain derzeit gefährlichster Angreifer in Europa. Davor warnte auch Juve-Torwartlegende Gianluigi Buffon: "Higuain ist in den besten Jahren seiner Karriere und eiskalt vor dem Tor. Desto älter, desto besser wird er." Buffon kann sich in dieser Saison jedoch auf seine Vorderleute verlassen. Während Napoli mit 53 Toren den besten Sturm aufweist, stellt Juve mit nur 15 Gegentoren die beste Defensive der Liga. Ein gutes Omen für den 38-Jährigen: "In 90 Prozent der Fälle gewinnt jene Mannschaft mit den wenigsten Gegentoren den Titel, gerade in Italien."

Zumal die Turiner im Angriff ebenfalls auf argentinische Power setzten können. Sommer-Neuzugang Paulo Dybala liegt mit 13 Toren auf Platz zwei in der Torjägerliste und gilt für viele bereits als neuer Messi. Davon und vom Zweikampf mit Higuain wollte der 22-Jährige vor dem Spitzenspiel jedoch nichts wissen: "Wenn wir den Titel holen, darf Gonzalo gerne die Torjägerkrone behalten."