Manchester United droht die bereits sicher geglaubte Titelverteidigung in der englischen Premier League durch die Finger zu gleiten. Stadtrivale City übernahm am Montag bei zwei ausstehenden Runden mit einem verdienten 1:0 im 162. Manchester-Derby die Spitze vom punktgleichen Meister. Im engsten Meisterschaftsfinish in England seit 23 Jahren hat City auf dem Papier laut Trainer Roberto Mancini nun aber die schwierigeren Aufgaben zu lösen.

Nach Schlusspfiff lagen sich nicht nur Edel-Fan Diego Maradona und Rockstar Liam Gallagher zu den Klängen der Klubhymne "Blue Moon" in den Armen. Dank Siegestorschütze Vincent Kompany (45.+1) darf der neureiche Scheichklub dank des klar besseren Torverhältnisses (plus 8) vom ersten Meistertitel seit 44 Jahren träumen. "Die lauten Nachbarn werden immer lauter, Alex", warnte der "Guardian" Uniteds Trainer-Legende Ferguson in Anspielung auf dessen einst getätigten Vergleich ("noisy neighbours").

"Mein schlimmster Alptraum"

Für Ferguson könnte sich laut Gary Neville nun "sein schlimmster Alptraum" erfüllen. "Eine Meisterschaft aufgrund der Tordifferenz zu verlieren, ist was er jede Saison vermeiden wollte", sagte der ehemalige Schützling des Schotten und nunmehrige TV-Experte. Uniteds 12-facher Meistermacher Ferguson selbst reagierte einigermaßen ungehalten. Der 70-Jährige beschuldigte City-Coach Roberto Mancini, das Schiedsrichtergespann fortwährend "aufgehetzt" zu haben.

In der 76. Minute lieferten sich die beiden deswegen ein hitziges Wortgefecht an der Seitenlinie und äfften einander mit Hand-Bewegungen nach. Neben den 47.000 Stadionbesuchern kam auch das Millionen-Publikum vor den Bildschirmen in 203 Ländern weltweit auf seine Kosten. Etwas später beruhigten sich die Gemüter.

Vor drei Wochen wäre ein solcher Showdown noch undenkbar gewesen. Damals lagen die "Red Devils" mit acht Zählern komfortabel voran. Nach Punkteverlusten spekulierte Ferguson nun offenbar auf ein Unentschieden und schickte seine Elf sehr defensiv auf das Spielfeld. Solostürmer Wayne Rooney und Co. gaben in einem Ligaspiel erstmals seit knapp drei Jahren keinen einzigen Torschuss ab. Bereits den ersten Saisonvergleich im Old Trafford hatte City mit 6:1 für sich entschieden.

Favoritenrolle

Seit Arsenal gegen Liverpool 1989 lagen zu diesem Zeitpunkt zwei Mannschaften nicht mehr dermaßen knapp beieinander. Die "Citizens" müssen ihren Vorsprung nun auswärts beim Fünften Newcastle und zu Hause gegen Abstiegskandidat Queens Park verteidigen. United empfängt mit Swansea City und auswärts bei Sunderland zwei Mittelständler. "United hat die beiden leichteren Spiele. Sie sind weiter Favorit. Swansea und Sunderland spielen praktisch um nichts mehr", stapelte Mancini tief.

Ferguson wirkte nach der Pleite einigermaßen zerknirscht. "Das ist ein verheerendes Ergebnis. Sie sitzen nun am Steuer", sagte der in dieser Saison womöglich titellose Sir zerknirscht und rot vor Ärger. "Es ist noch nicht vorbei, es sind noch Spiele zu spielen. Aber acht Tore Vorsprung ist ein großer Vorteil zu diesem Zeitpunkt."