Ein Platz unter den besten sechs nach dem Grunddurchgang oder anders ausgedrückt der schnellstmögliche Play-off-Einzug ist das vom VSV-Vorstand ausgegebene Saisonziel. Ein Unterfangen, das schwierig, aber machbar erscheint – trotz einer alles andere als perfekten Testspielphase. Obwohl die Blau-Weißen meist das bessere Team waren, setzte es gegen durchschnittliche Gegner wie Stavanger, Ritten oder Rosenheim unerwartete und unnötige Niederlagen. Vor allem das Wichtigste – nämlich Tore – wollte nicht so recht gelingen. Da fehlte der letzte Biss vor dem gegnerischen Tor. Aber: Misslungenen Generalproben folgten schon oft starke Premieren.

Ob es diese am Samstag gegen Dornbirn und in weiterer Folge einen guten Saisonstart geben wird, hängt von mehreren Faktoren ab. Dem Trainerteam um Headcoach Hannu Järvenpää muss es rasch gelingen, die acht Neuen zu integrieren, die richtigen Linien zusammenzustellen. Bisher stimmte die Chemie noch nicht, war man von blindem Spielverständnis weit entfernt. Das Powerplay blieb bislang sehr viel schuldig.

Auch der Verletzungsteufel muss schleunigst besänftigt werden: Schon die Testspiele zeigten, dass sich die Villacher ob der dünnen Kaderdecke schwertun, wenn zwei, drei Führungsspieler gleichzeitig außer Gefecht sind.
Eine Schlüsselfigur im VSV-Puzzle ist Goalie Jean Philippe Lamoureux. Gelingt es ihm, an die Form des Vorjahres anzuschließen, werden sich auch heuer einige Gegner die Zähne am kleinen, unglaublich reaktionsschnellen US-Amerikaner ausbeißen. Er kann Spiele im Alleingang entscheiden.

Ob das auch auf die Neuzugänge zutrifft, wird sich erst weisen. Auffällig ist jedenfalls, dass die Klubführung vermehrt auf große, robuste Spieler, die die Liga kennen, setzt. Sie sollen in den entscheidenden Phasen für die zuletzt fehlende Portion Extra-Power sorgen. Allen voran Matt Kelly und Ziga Pance, die im Zweikampf durchaus Klasse haben. Miha Verlic wusste in der Vorbereitung ebenso wie Rick Schofield zu gefallen. Andy Canzanello und der bereits verletzt gewesene Dustin Johner haben Qualität, müssen aber noch zeigen, ob sie nach Villach passen.

Positiv: Mit Florian Mühlstein und Markus Schlacher kehrten zwei gebürtige Villacher und grundsolide Eishockeyspieler in den Adlerhorst zurück. Damit stehen 13 waschechte Villacher im Kader. Das ist einzigartig in der Liga. Dass die heimischen VSV-Cracks im Sommer erstmals mit Zsolt Zacharias – nach seinen schweißtreibenden Plänen trainieren auch NHL-Star Michael Raffl und sein Bruder Thomas – an der Fitness feilten, dürfte ein Pluspunkt sein.

Bleibt ein großes Fragezeichen: Was passiert, wenn der Saisonstart nicht nach Wunsch verläuft, es im Saisonverlauf eine bedrohliche Niederlagenserie gibt, das Saisonziel Play-off-Einzug ins Wanken gerät und die Fans lautstark nach dem für den Nachwuchs verpflichteten Meister- und Kult-Trainer Greg Holst rufen. Wird die Vereinsspitze dann tatsächlich – wie von Präsident Gilbert Isep angekündigt – bedingungslos an Trainer Järvenpää festhalten, kann sie dem zu erwartenden Druck von außen standhalten?

ANDREAS JANDL