Schneidende Stille, die das Blut gefrieren lässt. Soeben hat sich die Kabinentür der ansonsten so übermütigen, samstäglichen Eishockey-Hobbytruppe „Ultimate“ geöffnet. Mike Siklenka betritt den Raum. Dabei entfährt ihm nur ein kurzes, gedämpftes und tiefes: „Hello!“ Kein Geringerer als der Verteidiger-Hüne, der früher seine Gegenspieler wie eine Naturgewalt an der Bande regelrecht zerschellen ließ. Der Mann, den sie ehrfurchtsvoll „Henker“ nannten und der bei so manchen Faustduellen für blaue Augen und blutende Nasen gesorgt hatte. Genau jener Mike Siklenka, dessen Schlagschuss bei einigen Torhütern noch immer für unregelmäßigen Schlaf sorgt. Die Blicke wechseln von fragend und aufgeregt zu ängstlich. Er selbst wirkt amüsiert.

Gemächlich windet er sich in seine Ausrüstung. Die gesamte Kabine linst über ihre Augenwinkel auf ihn, beobachtet sein Tun. Halbseitiges Durchatmen herrscht erst, als die Fronten geklärt und aufgeteilt sind. Sprich: Wer mit Siklenka in Rot bzw. wer gegen ihn in Weiß spielt. Doch Anflüge von Panik erscheinen unbegründet. Der introvertierte Kanadier zieht nonchalant seine Kreise auf dem Eis und versorgt seine Mitspieler mit punktgenauen, wenngleich etwas harten Pässen. In Zweikämpfen steckt er zurück, lässt Gnade walten. Mit jeder Minute mehr auf dem Eis, beginnt er aufzublühen. Er lächelt, scherzt, plaudert. Kurz gesagt: Der Ex-Crack, der maßgeblichen Anteil am 30. KAC-Meistertitel hatte, wird Teil der „Ultimate“-Truppe. Obwohl er eigentlich bei den Rotjacken unter Vertrag steht (siehe Infobox). Aber dort wurde er vergangene Saison zur unerwünschten Person erklärt.

Tür bleibt zu

Siklenka hadert sichtlich mit dem Schicksal, dass die KAC-Kabinentür für ihn verschlossen bleibt. Kommentare dazu verkneift er sich. Dass sein Vertrag ein zweischneidiges Schwert sei, gibt er jedoch unverblümt zu: „Eine Eishockey-Karriere dauert nur kurz. Viele kanadische Spieler verfügen über keine fundierte Ausbildung. Dieser Zeitraum, Geld zu verdienen, ist also überschaubar. Und um einen Kontrakt zu unterzeichnen, braucht es immer zwei Parteien. Welches Team soll nun meinen Vertrag und mein Gehalt übernehmen?“, fragt der dreifache Familienvater. Anders ausgedrückt: Er ist zum Nichtstun gezwungen, muss in Klagenfurt die Vertragsdauer absitzen. Auch weil er vom KAC vorgeschlagene Ausstiegsszenarien abgelehnt hatte. Wobei von Absitzen keine Rede ist.

Bei den Hobby-Teams ist Siklenka ein gern gesehener Gast, dem die Kabinenatmosphäre fehlt. „Die letzte Zeit war nicht einfach. Schließlich musste ich meinen Kindern erklären, warum ich nicht mehr für den KAC spiele. Eishockey ist wie eine Therapie, um den Kopf freizubekommen“, erklärt der Kanadier und versichert: „In der Kabine sind alle gleich. Jeder kennt mich als aggressiven Spieler. Das hat nichts mit der Wirklichkeit zu tun.“ Denn in Wirklichkeit liebt Siklenka die Natur. „Weit weg von Dingen, die mich belasten. Das ist mein Sinn von Freiheit“, schildert der passionierte Jäger, der in der Nähe seiner Heimatstadt Meadow Lake gemeinsam mit seinem Vater die Obhut über 3500 Hektar Land hat. „Als Ranger“, wie er betont.

Als Wächter agiert der Hüne auch im Hobby-Team. Siklenkas Priorität zielt allerdings darauf ab, seine Mitspieler in Szene zu setzen. „Wenn ich ein Mal zum Schuss aushole, müsst ihr den Kopf einziehen“, sagt er schmunzelnd, dürfte es aber ernst meinen. Die wirklich wichtigen Punkte sammelt er jedoch später. Als er unaufgefordert (mit einem Arm) eine Kiste Gerstensaft in der Kabine ablädt und seinen Einstand begleicht. Wie es sich für neue Teamkollegen eben gehört.

MARTIN QUENDLER