Zur Effizienzsteigerung der Sozialversicherungsträger lässt die Regierung eine Studie erarbeiten. Auch die Berichte des Rechnungshofes sollen herangezogen werden. Die Organisation der Gebietskrankenkassen soll durchleuchtet werden. Bei den ÖBB habe er die Zahl der Führungskräfte halbiert, sagte Kern. "Das muss das Ziel hier auch sein", kündigte der Bundeskanzler an. Wegen der unterschiedlichen Leistungen und nicht einheitlichen Verrechnungen sei eine Reform nicht so einfach. Es sei mehr als eine reine Bürokratiereform und man müsse sorgfältig vorgehen, weil Versicherte auch unterschiedliche Vorteile genießen, erklärte Kern.

Die Vorstandsvorsitzende im Hauptverband der Sozialversicherungsträger, Ulrike Rabmer-Koller, will die Effizienzstudie rasch in Auftrag geben. Gegenüber der APA kündigte Rabmer-Koller an, dass sie sich "sehr zügig" mit den Verantwortlichen in der Regierung abstimmen werde. Bis Ende des Jahres könnten dann Ergebnisse vorliegen und erste Maßnahmen definiert werden. Ihr gehe es darum, dass die Studie "zügig, objektiv und ergebnisoffen" durchgeführt werde. Wer die Studie durchführen soll, sei noch offen. Sie solle dann aber jedenfalls Basis für die weiteren Entscheidungen sein. Die Hauptverbands-Chefin betonte, dass es ihr wichtig sei, die Maßnahmen in einem breiten politischen Konsens zu treffen.

Auf eine Zusammenlegung von Sozialversicherungsträgern, wie sie Kern angesprochen hat, wollte sich Rabmer-Koller noch nicht festlegen. "Eine reine Zusammenlegung heißt noch nicht Sparen", meinte die Sozialversicherungs-Chefin. Sie sei jedoch "sehr offen für die Hebung von Effizienzpotenzialen". Wo diese zu finden seien, werde die Studie ergeben. Eine Präferenz, in welche Richtung es gehen könnte, wollte sie noch nicht sagen. Es gebe viele unterschiedliche Modelle, sie sei es gewohnt, zuerst die Zahlen, Daten und Fakten zu analysieren und erst dann eine Entscheidung zu treffen, sagte Rabmer-Koller.

Grundsätzlich zeigte sich die Hauptverbands-Chefin erfreut, dass nun offenbar Schwung in die Gesundheitspolitik komme. Rabmer-Koller erinnerte daran, dass sie eine Effizienzstudie, die auch im Regierungsprogramm stehe, schon bei ihrem Amtsantritt angekündigt habe. Sie habe darüber auch schon mit dem Finanz-, dem Sozial- und dem Wirtschaftsminister gesprochen.

Bei der Gewerbeordnung, wo man das Vorgehen bisher den jeweiligen Bereichen überlassen habe, sollen erste Vorschläge vor dem Sommer auf dem Tisch liegen, kündigte Mitterlehner an. Es gehe um den Zugang zur Unternehmensanmeldung, um Formalitäten und Veröffentlichungspflichten, aber auch um Mitgliedsbeiträge für die Wirtschaftskammer. So sei es fraglich, ob es zielführend ist, dass für mehrere Tätigkeiten verschiedene Beiträge ausgelöst werden. Es gehe dabei auch um "Tabuthemen", sagte Mitterlehner. Unterm Strich sei es "ein Abschaffen von Reglementierungen".

Beide Vorhaben seien ein Signal, den Stillstand zu überwinden, sagte Kern. Er und Mitterlehner bekräftigten die Ansage von vergangener Woche, in fünf Themenbereichen Reformen umsetzen zu wollen. Ebenfalls noch vor dem Sommer sollen hierzu Details ausgearbeitet sein. Unter anderem planen die beiden ein Paket für Gründer und Start-ups. Im Bereich Sicherheit soll ein Integrationspaket auf den Weg gebracht werden, Kern räumte ein, dass Deutschland hier schon etwas weiter sei. Zudem soll ein effizienterer Einsatz der Ressourcen dem Innenministerium mehr Kapazitäten bringen, so Kern. Bei der Bildung - wo laut Kern das "dickste Brett zu bohren" ist - soll mehr Jugendlichen eine Perspektive gegeben werden, derzeit würden 8.000 Jugendliche im Bildungssystem spurlos verloren gehen.

Mitterlehner verwies auf die jüngste Wirtschaftsprognose sowie das IMD-Ranking. Ein Wirtschaftswachstum von 1,6 oder 1,5 Prozent sei eine realistische Prognose. Die Steuerreform habe den privaten Konsum gesteigert und Österreich habe die Chance, wieder über den europäischen Schnitt zu kommen. Dies sollte Motivation für weitere Reformen sein. Kern erklärte, die Wirtschaft sei im heutigen Ministerrat ausführlich diskutiert worden.

Kern will in die Prozesse auch Rechnungshof und Opposition einbinden. Die Einbindung gelte natürlich auch für die Sozialpartner. Das Ziel sei, Österreich gemeinsam voranzubringen. Mittlerlehner verteidigte seine Kritik an den Sozialpartnern. "Es gibt keine Lizenz zur Kritik nur von einer Seite", so der Vizekanzler, der darauf verwies, dass es nicht zeitgemäß sei, dass eine Debatte zur Arbeitszeitflexibilisierung mit einer sechsten Urlaubswoche verbunden werde. Über "Verteilungsfragen" könne man sprechen, wenn dies das Wirtschaftswachstum zulasse.

Die Wirtschaftskammer steht jedenfalls einer Änderung der Gewerbeordnung gelassen gegenüber. "Die Gewerbeordnung ist flexibel und wird im Jahr durchschnittlich 3,8 Mal novelliert, ohne groß von Reform zu sprechen", sagte der Geschäftsführer der Bundessparte Gewerbe, Reinhard Kainz, am Dienstag zur APA. Die Kammer war über die Regierungspläne nicht informiert. "Wir kennen nur die Ankündigung in den Medien."

"Ich möchte mit der Mär der starren Gewerbeordnung aufräumen", warb Kainz für die Reglementierung. Aus Sicht des Kämmerers ist nur wichtig, dass eine Novelle der Qualitätssicherung und Wettbewerbsfähigkeit dient. So sei die Qualifizierung durch die Gewerbeordnung ein Garant für die Lehrlingsausbildung.