"Der Wahlkampf hat stark polarisiert, nicht nur in der Gesellschaft, sondern auch in der Kirche", meinte Schönborn in seiner Funktion als Vorsitzender der Bischofskonferenz. "Ich vertraue darauf, dass die Österreicher als reife Demokraten jetzt den Weg des Miteinander gehen. Es ist die erste Pflicht des neuen Bundespräsidenten, das zu fördern", lautete sein Appell. Respekt und Verantwortungsbewusstsein seien vom neuen Bundespräsidenten und von allen maßgeblichen politischen Kräften in Österreich jetzt besonders gefordert. "An uns Bürgern und Bürgerinnen liegt es, sie dabei zu unterstützen", so Schönborn.

Die hohe Wahlbeteiligung zeigt für Schönborn das starke Interesse der Österreicher am Amt des Bundespräsidenten. "Von ihm wird erwartet, dass er das Land als Teil der Völkerfamilie repräsentiert und ein Vorbild für das gute Miteinander ist", meinte Schönborn und weiter: "Ich gratuliere Alexander Van der Bellen und wünsche dem neuen Bundespräsidenten Gottes Segen für sein hohes Amt."

Der Musiker Hubert von Goisern, der auch beim Konzert für Alexander Van der Bellen kurz vor der Stichwahl aufgetreten ist, kommentierte den Einzug des ehemaligen Grünen-Bundessprechers in die Hofburg gegenüber der APA als "wunderbaren Tag für Österreich - und für Europa". Dass er sich gegen den FPÖ-Kandidaten Norbert Hofer durchgesetzt habe, löse "ein Gefühl von großer Erleichterung" bei ihm aus.

Von Goisern sei aufgefallen, dass Van der Bellen "zuletzt immer als der Kandidat des Establishments gehandelt" wurde, während man Hofer "als jenen der Underdogs und des Protests" sah. "Aus dem Lager des Protests kommt auch Alexander Van der Bellen - was sind die Grünen denn? Und Underdog war er erst recht", so von Goisern.

Der Autor Thomas Glavinic, der in den vergangenen Tagen vor einer gespaltenen Gesellschaft gewarnt hatte, gratulierte Van der Bellen via APA. Er "hoffe, dass dem neuen Bundespräsidenten bewusst ist, dass er nun in Österreich zu einer neuen Gesprächskultur beitragen muss. Früher haben manche Menschen nur manche Parteien gehasst, derzeit hassen viele Menschen viele Menschen. Das muss aufhören."

Erleichtert, doch keineswegs beglückt zeigte sich der Autor Karl-Markus Gauß in einem schriftlichen Statement gegenüber der APA: "Persönlich bin ich erleichtert, dass ich in den nächsten Jahren einem Bundespräsidenten zusehen und zuhören kann, der die Dinge bedächtig abwägt und mit einer gewissen Selbstironie formuliert; und nicht einen Deutschnationalen dabei beobachten muss, wie er sich rhetorisch versiert als Schützer der österreichischen Heimat geriert, und einem elitären Burschenschafter, der den Patron der kleinen Leute gibt. Politisch bin ich keineswegs beglückt. Immerhin hat sich halb Österreich bei einer Wahl, in der es nicht den Protest gegen die Große Koalition auszudrücken galt, für einen Kandidaten entschieden, der keinen Hehl daraus gemacht hat, dass er nicht der liberalen, sondern der autoritären Rechten Europas zugehört."

Auch Architekt Wolf D. Prix zeigte sich am Dienstagabend im Gespräch mit der APA erleichtert über die Wahl Alexander Van der Bellens - obwohl das Kulturverständnis der Grünen "ungefähr so hoch ist wie Birkenstock-Sandalen. Ich denke aber, dass Van der Bellen auch auf diesem Gebiet lernfähig ist. Aber Hofer hat ein Kulturverständnis, das bei der Militärmusikkapelle aufhört."

Ganz anders der Autor Peter Turrini: "Ich glaube nicht, dass es Hofer gelungen wäre, als Präsident eine andere Republik herbeizuführen. Ich glaube aber, dass es eine Tendenz markiert hätte: Nämlich dass in dieser Republik früher oder später eine generelle Machtübernahme stattfindet." Van der Bellen ist für Turrini "sicher eine erfreuliche Lösung, weil er vermutlich in der Tradition von Heinz Fischer agieren und das sein wird, dem er in Wahrheit immer schon entsprochen hat: Er hat ja etwas von einem freundlichen Opa an sich, und das ist genau die richtige Voraussetzung für einen Bundespräsidenten."