Die Rathaus-Roten haben bei ihren Gremiensitzungen schon über die Koalitionsfrage - Rot-Schwarz oder Rot-Grün - nachgedacht. Jetzt stehen aber erst einmal unverbindliche Gespräche mit allen im Gemeinderat vertretenen Parteien an, deren Ergebnisse samt Koalitionsvorschlag er dann dem Landesparteivorstand vorlegen wird, kündigte Häupl an - ohne einen konkreten Zeithorizont zu nennen. Realistisch sind jedenfalls nur die zwei erwähnten Koalitionsvarianten. Denn eine Zusammenarbeit mit der FPÖ - diese wäre rechnerisch am stabilsten - hatte der Stadtchef bereits dezidiert ausgeschlossen.

Von Präferenzen für Grüne oder ÖVP wollte Häupl heute nichts wissen, wiewohl er eine "stabile" Landesregierung anstrebe. Nach derzeitigem Stand hätte Rot-Grün 53 , Rot-Schwarz 51 von 100 Mandaten. Und der Bürgermeister wiederholte sein Credo von 2010: Er streite immer noch lieber über Verkehrs- als über Bildungsthemen.

Außerdem will der Wiener SPÖ-Chef interne Strukturveränderungen angehen, um das Minus in den Flächenbezirken - der Verlust von Simmering an die FPÖ sei "inakzeptabel" - künftig abzufangen. Unter anderem sollen Grätzl-Vertrauenspersonen in Zukunft dafür sorgen, dass der Wählerstrom zu den Freiheitlichen abebbt. Im Landesparteivorstand Ende November bzw. Anfang Dezember sollen dann weitere Änderungen diskutiert werden.

So lange konnte sich die ÖVP nach ihrem Desaster inklusive Rücktritt von Parteichef Manfred Juraczka nicht Zeit lassen. Im Eiltempo installierten die Rathaus-Schwarzen Bundespartei-Generalsekretär Gernot Blümel als designierten Chef der unglücklichen Volkspartei. Er wurde am Nachmittag in einer Vorstandssitzung mit 97,5 Prozent zum Obmann gekürt. Zugleich brachten die ersten veröffentlichten Vorzugsstimmen die Landesliste der ÖVP noch einmal durcheinander. Urgestein Ingrid Korosec und die Abtreibungsgegnerin Gudrun Kugler konnten sich so noch in die - ohnehin nur noch schmale - schwarze Mandatarsriege katapultieren und werden somit in den Gemeinderat einziehen.

Die Grünen wiederum hielten am Montag offiziell keine Sitzungen ab. Die im Wahlkampf im Fall von Verlusten angekündigte Rücktrittsansage von Spitzenkandidatin und Noch-Verkehrsstadträtin Maria Vassilakou stand freilich trotzdem weiter im Raum. Klubchef David Ellensohn rückte aus, um wissen zu lassen, dass ein Rückzug gar kein Thema sei. Vassilakou - sie hatte schon am Wahlabend keine Anstalten gemacht, ihren Hut tatsächlich zu nehmen - werde auch die Koalitionsverhandlungen bestreiten, so die Versicherung.

Über Koalitionsverhandlungen brauchen sich die Freiheitlichen keine Gedanken zu machen. Schließlich will die SPÖ keinesfalls mit den Blauen koalieren. Insofern hat sich die FPÖ traditionellerweise den Montag nach der Wahl freigenommen. Am Dienstag trifft man sich zum Landesparteivorstand, danach soll es am Nachmittag eine Pressekonferenz mit Parteichef Heinz-Christian Strache geben.

Den NEOS bleiben die Vorbereitungen auf Koalitionsverhandlungen ebenfalls erspart. Dafür schufen die Pinken, die erstmals ins Stadtparlament einziehen und dank fünf Mandaten locker Klubstärke erreichen, die strukturellen Voraussetzungen. Insofern wurde Spitzenkandidatin Beate Meinl-Reisinger vom Landesteam zur Klubchefin gekürt. Landesgeschäftsführer wird Thomas Weber, der auf Platz sechs der Landesliste kandidiert hatte und somit kein Mandat erhält. Klubdirektorin wird Claudia Jäger, die bisherige stellvertretende Klubdirektorin der NEOS im Nationalrat. Außerdem kündigte Bundesparteichef Matthias Strolz an, im Hinblick auf die Nationalratswahl 2018 den pinken "Markenkern" zu stärken.

Abgesehen von den diversen Parteisitzungen blieb es am Montag auch noch in Sachen Endergebnis spannend. Denn die Briefwahlergebnisse sollen erst in der Nacht auf Dienstag vorliegen. Möglich ist durchaus, dass die FPÖ dadurch noch zwei Mandate und damit ihren Anspruch auf den Vizebürgermeister bzw. die Verfassungssperrminorität verliert. Auch auf Bezirksebene blieb es noch spannend. Offen war noch, ob Floridsdorf - neben Simmering - ebenfalls definitiv blau werden und die Grünen ihren Vorsprung auf die ÖVP in Währing halten würden. Das rot-schwarze Kopf-an-Kopf-Rennen in der City war am Nachmittag ebenfalls noch nicht entschieden.