Strache sprach von einer historischen Chance, dass die Freiheitlichen am 11. Oktober erstmals zur stärksten Kraft der Bundeshauptstadt werden. Er werde dann selbstverständlich als Bürgermeister ins Rathaus einziehen und dort als "Diener der Bevölkerung" werken. Mit einem kräftigen Schuss Pathos rief er seine fleißig Österreich-Fähnchen schwenkende Anhängerschaft auf, auch vom Stimmrecht Gebrauch zu machen: "Ihr habt alle die gleiche Kraft wie ich. Wir haben alle eine Stimme."

Der blaue Chef träumte - ganz getreu den derzeit affichierten Wahlkampfplakaten - von "süßer Rache". Sollte die FPÖ Erste werden, werde es in der SPÖ ein Erdbeben geben, wonach kein Stein auf dem anderen bleibe, prophezeite er. Er als Stadtchef werde allerdings den Roten die Hand für eine Regierungszusammenarbeit reichen. "Tauschen wir unsere Politiker aus, bevor sie die eigene Bevölkerung austauscht", polterte Strache in die Menge.

Damit war der Wiener Spitzenkandidat bei jenem Thema angelangt, das ihm das meiste Gejohle seitens des Publikums entgegenbrachte: Flüchtlinge und Migration. Strache warnte erneut vor einem "Massenansturm" auf Europa und Österreich, wetterte gegen die "Schleppermafia" und forderte Grenzzäune an der österreichischen Grenze. Denn man errichte ja auch Hauszäune, damit nicht jeder Fremde das eigene Grundstück betrete.

Verfolgte im Sinne der Genfer Konvention müsse man freilich Hilfe angedeihen lassen - im Gegensatz zu "Wirtschaftsflüchtlingen", die von allen Kontinenten aufbrächen, "weil sie hören: Wenn du einmal deinen Fuß auf europäischen Boden gesetzt hast, kannst du bleiben". Strache fürchtete auch um die "christlich-abendländische Identität", um hiesige Bräuche und Gepflogenheiten wie den Weihnachtsbaum und das Kreuz in Schulklassen. "Wer glaubt, uns diese wegnehmen zu können, der soll besser heute als morgen das Land verlassen."

Der FPÖ-Obmann kritisierte die rot-grüne Stadtregierung - angefangen von Gebühren über Arbeitslosigkeit bis hin zum Mangel an Sozialwohnungen bzw. deren Vergabe. Da herrsche in Wien offenbar das Motto: "Willst du eine Wohnung haben, brauchst du nur ein Kopftuch tragen." Sollte er Stadtchef werden, versprach Strache u.a. mehr direkte Demokratie, ein striktes Bettelverbot und 1.500 zusätzliche Sicherheitsbeamten, die er - wenn sie das Innenministerium nicht stelle - aus dem Stadtbudget bezahlen und nicht zuletzt in "Problem-Gemeindebauten" schicken will. Im Zusammenhang mit der Kritik an Zahlungsbeteiligungen für Griechenland durfte aus Illustrationszwecken auch die Mindestpension des "alten Muatterls" nicht fehlen.

Zum Schluss schwenkte Strache gemeinsam mit dem Wiener Klubchef und Statthalter Johann Gudenus sowie dem blauen Neuzugang, der bisherigen ÖVP-Bezirksvorsteherin Ursula Stenzel, zu den Klängen der Bundeshymne die Österreich-Flagge. Stenzel hatte zuvor in einem zehnminütigen Gastauftritt versichert: "Ich bin hier in Favoriten, das ist schon ein großes Gefühl." Sie bekräftigte, Strache vollinhaltlich in seiner Politik zu unterstützen und erneuerte ihre Kritik an der "Ausgrenzung" der FPÖ seitens anderer Parteien. Dass die Blauen fremdenfeindlich und neonazistisch seien, behaupte die SPÖ, um sich an ihre Macht zu klammern. Sie selbst mit ihrem bürgerlichen und christlich-jüdischem Hintergrund stehe jedoch für die Öffnung der FPÖ, meinte sie. Danach intonierte die John-Otti-Band die neue Wahlkampfhymne "Immer wieder Österreich".

Bei der Wiener Gemeinderatswahl am 11. Oktober werden acht Parteien wienweit auf dem Stimmzettel stehen: Neben den bereits im Gemeinderat vertretenen Fraktionen SPÖ, ÖVP, FPÖ und Grüne kann man sein Kreuz auch bei den NEOS, dem Bündnis "Wien Anders" (ANDAS), der Pollischansky-Liste WWW (Wir wollen Wahlfreiheit) sowie bei der vorrangig türkischen Liste "Gemeinsam für Wien" setzen.

Sie alle haben die notwendigen Voraussetzungen für den Antritt erfüllt und ihre Wahlvorschläge eingereicht, wie das Büro der zuständigen Stadträtin Sandra Frauenberger (SPÖ) am Freitag bekannt gab. Darüber hinaus kandidieren vier Fraktionen nur in einzelnen Wahlkreisen - insgesamt ist Wien bei der Gemeinderatswahl in 18 Kreise aufgeteilt. Nur im Wahlkreis Zentrum (1., 4., 5. und 6. Bezirk) stehen die Freidemokraten (FREIE) zur Wahl, im Wahlkreis Brigittenau die Sozialistische LinksPartei (SLP), im Wahlkreis Floridsdorf "Wir für Floridsdorf" (WIFF) und im Wahlkreis Donaustadt die Männerpartei - Für ein faires Miteinander (M).

Bei den Bezirksvertretungswahlen ist das Spektrum der Kandidaten noch bunter: SPÖ, ÖVP, FPÖ, Grüne, NEOS, WWW und "Wien Anders" treten in allen 23 Bezirken an. Dazu kommen kleine Listen, die in einzelnen Bezirken zur Wahl stehen. Die EU-Austrittspartei (EUAUS) ist in fast allen Bezirken am Stimmzettel, nur im 1. und 8. Bezirk hat man nicht genug Unterstützer gefunden. "Gemeinsam für Wien" (GFW) versucht ebenfalls den Sprung in fast alle Bezirksvertretungen - allerdings nicht im 1., 4., 6. und 8. Bezirk.

Die Partei der Arbeit - Solidaritätsplattform (PdA) tritt in sechs Bezirken an, nämlich im 2., 10., 11., 12., 16. und 22. Bezirk. Die Freidemokraten (FREIE) kandidieren fünfmal: im 5., 6., 10., 13. und 21. Bezirk. Die Männerpartei (M) ist zweimal am Zettel: im 21. und 22. Bezirk. Manche - teils altbekannt - versuchen ihr Glück auch nur in einem Bezirk: In der Inneren Stadt tritt die Liste WIR im Ersten (WIR) an, im 8. Bezirk kandidiert ECHT-Josefstadt - Liste Heribert Rahdjian (ECHT).

Im 10. kann man sein Kreuz bei der RKO BEFREIUNG - Gleiche Rechte für Muslime (RKOB) machen, im 12. für Pro Hetzendorf (PH) stimmen, im 13. für WIR Hietzing. Wie auch auf Gemeinderatsebene kandidiert die Sozialistische LinksPartei (SLP) im 20. Bezirk, ebenso im 21. Bezirk Wir für Floridsdorf (WIFF).

Für eine Kandidatur bei der Gemeinderatswahl braucht es 100 Unterschriften pro Wahlkreis. Hier ist auch der Einzug schwieriger: Um in den Gemeinderat bzw. Landtag zu kommen, muss entweder ein Grundmandat erlangt oder eine Fünf-Prozent-Hürde übersprungen werden. Für die Bezirksvertretungswahlen reichen 50 Unterstützer pro Bezirk, hier gibt es auch keine prozentuelle Hürde.