An diesen drei Ländern übte der Regierungschef einmal mehr Kritik, weil sie sich in der Asylfrage unsolidarisch verhalten. Europa müsse diese Herausforderung gemeinsam bewältigen. So will Österreich in bilateralen Gesprächen Überzeugungsarbeit in der Slowakei und Tschechien leisten, um diese beiden Staaten dazu zu bewegen, einer fairen Aufteilung der Asylwerber innerhalb Europas zuzustimmen. Europa brauche gemeinsame Lösung und keine neuen Wachtürme und Zäune, sonst drohe das Ende von Schengen. "Wir müssen das mit größtem Einsatz betreiben, damit Europa nicht zerfällt", warnte der Kanzler.

Dublin

Es könne auch nicht sein, dass Ungarn die Dublin-Regeln nicht einhalte, nur weil diese nicht gut funktionieren. "Gesetze sind auch von Ungarn einzuhalten", so Faymann. Ungarn habe die Ankündigung Deutschlands, für syrische Flüchtlinge die Dublin-Regeln auszusetzen, offenbar absichtlich so "missverstanden", dass es überhaupt keine Kontrollen mehr durchführe. Dublin sei mittel- und langfristig "nicht sinnvoll und lückenhaft", deswegen könne man es aber nicht ignorieren, sagte der Kanzler in Richtung Ungarn, mit dem Österreich auch bilaterale Gespräche führen werde.

Österreich sieht der Regierungschef für die Flüchtlingskrise gerüstet. Ein wichtiges Instrument sei dabei das Durchgriffsrecht, das heute im Nationalrat eingebracht wird. Damit sollen die benötigten 20.000 bis 30.000 neuen Quartiere geschaffen werden. Darüber hinaus soll es in den nächsten Wochen eine Tagesklausur aller in Asylfragen relevanten Player geben.

Auch Vizekanzler Reinhold Mitterlehner (ÖVP) hält an Dublin fest. Dass Österreich nicht kontrollieren und Asylwerber nach Deutschland weiterschicken würde, wies er zurück. Es sei technisch nicht möglich, flächendeckende Kontrollen durchzuführen, man kontrolliere aber stichprobenartig. Von EU-Kommission und Rat erwartet er sich mehr Geschwindigkeit. Unterstützung für Österreichs Interessen in der Flüchtlingsfrage könnte aus seiner Sicht aus anderen als Zielland stark betroffenen Nationen wie Schweden, Deutschland und Frankreich kommen.

Angesichts der großen Flüchtlingsströme in Europa fordert hingegen die Grüne EU-Abgeordnete Ulrike Lunacek, dass Österreich das Dublin-System für Kriegsflüchtlinge aussetzt und mehr Flüchtlinge aufnimmt. "Dublin ist tot", sagte Lunacek am Rande des Forum Alpbach zur APA. Ausdrücklich lobte sie die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel, die das Dublin-System für Flüchtlinge aus Syrien ausgesetzt hat. "Österreich sollte Selbiges machen", so Lunacek. Dublin besagt, dass Asylwerber in jenem Land aufgenommen werden müssen, über das sie in die EU gelangen.

Der italienische Außenminister Paolo Gentiloni drängt unterdessen auf ein europäisches Asylrecht. "Man muss das Prinzip akzeptieren, dass die Migranten nicht in Italien, oder Griechenland, sondern in Europa eintreffen", sagte der Minister in einem CNN-Interview am Montagabend. Gentiloni meinte auch, ohne eine Stabilisierung Libyens könne es zu keinem Ende der Flüchtlingsströme komme.

Das vor 25 Jahren abgeschlossene Dubliner Abkommen sei veraltet und dringend renovierungsbedürftig, weil die massiven Einwanderungsströme weitere zehn bis 20 Jahre anhalten könnten, sagte der Minister. Italien rechne, dass bis Ende 2015 200.000 Migranten in Italien eintreffen werden, ungefähr so viele wie im vergangenen Jahr. Italien befürchtet nun einen Kollaps seines Aufnahmesystems.

Serbien ist derweil bereit, eine bestimmte Zahl von Flüchtlingen dauerhaft aufzunehmen. Das kündigte der serbische Ministerpräsident Aleksandar Vucic per Twitter an, ohne konkrete Zahlen zu nennen. Seit Jahresbeginn wurden in Serbien rund 100.000 Flüchtlinge registriert. Die Mehrheit der ankommenden Migranten hat laut Medienberichten die Absicht angekündigt, um Asyl anzusuchen. Allerdings haben dies laut der Tageszeitung "Blic" bisher nur knapp 500 Personen tatsächlich getan. Die meisten Flüchtlinge versuchen Richtung EU weiterzureisen.

Die serbischen Behörden bemühen sich derzeit darum, in Belgrad ein Aufnahmezentrum einzurichten. Die Flüchtlinge übernachten derzeit in der serbischen Hauptstadt meist unter freiem Himmel in städtischen Parkanlagen.

Balkan-Route

Auf der Balkan-Fluchtroute über Mazedonien sowie weiter nach Serbien versuchen nach UNO-Angaben auch immer mehr Frauen und Kinder in nördliche EU-Länder zu gelangen. Von den etwa 3.000 Flüchtlingen, die derzeit täglich von Griechenland aus Mazedonien durchqueren, seien rund ein Drittel Frauen und Kinder, teilte das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen (UNICEF) am Dienstag mit. Dies seien etwa dreimal so viel wie noch vor drei Monaten, sagte UNICEF-Sprecher Christophe Boulierac in Genf. Zudem seien etwa 12 Prozent der über Mazedonien fliehenden Frauen schwanger.