Für die von Milliardär Frank Stronach gegründete und ohnehin krisengebeutelte Partei setzte es Samstagmittag den nächsten Schlag. Nachbaur und Ertlschweiger wechseln zur ÖVP und sollen den Klub "jünger, moderner und weiblicher" machen, erklärte Lopatka bei einer kurzfristig angesetzten Pressekonferenz. Nachbaur meinte dabei, es zähle nicht, wo man sitze, sondern wofür man stehe. Sie werde mit den Inhalten keine allzu großen Schwierigkeiten haben, gab sie zu verstehen und betonte: "Ich werde mich nicht verbiegen." Zudem bezeichnete sie sich als "echte Wirtschaftsliberale mit Herz". Mit ihrem Mentor und Parteigründer Stronach habe sie sich noch am Samstag vor der Bekanntgabe ausgesprochen, so Nachbaur.

Im Gegensatz zu den beiden ehemaligen Team Stronach-Abgeordneten Marcus Franz und Georg Vetter, die aktiv auf die ÖVP zugegangen seien, sei die Initiative bei Nachbaur und Ertlschweiger von ihm ausgegangen, sagte Lopatka. Weitere Wechsel vom Team Stronach in den ÖVP-Klub hielt er dann für wenig wahrscheinlich: Er habe noch eine Persönlichkeit vom Team Stronach - nämlich die Nationalratsabgeordnete Jessi Lintl - als mögliche Kandidatin für einen Wechsel in Betracht gezogen, diese habe aber abgesagt, gab Lopatka zu verstehen.

Dass die ÖVP nun um zwei Mandatare auf 51 angewachsen ist, sieht Lopatka auch als Vorteil für die rot-schwarze Koalition, denn damit sei die Regierungsmehrheit größer geworden. Gefragt nach einem allfälligen fliegenden Wechsel zu Schwarz-Blau - sollte der ÖVP-Klub doch durch weitere Zugänge weiter anwachsen - sagte Lopatka, dies sei "völlig, absolut ausgeschlossen". Im Nationalrat zählt die ÖVP durch die Neuzugänge nur einen Abgeordneten weniger als die SPÖ-Fraktion. Eingeladen hat Lopatka am Samstag zu einer Pressekonferenz mit dem Titel "ÖVP - stärkster Klub im Parlament": Unter Berücksichtigung der Bundesrats- und Europamandatare zählt die ÖVP nämlich 80 Klubmitglieder und die SPÖ 78.

Für die Team Stronach-Klubchefin Waltraud Dietrich kam der Wechsel nicht unbedingt überraschend: "Es war in den vergangenen Wochen schon erkennbar, dass sich die beiden aus der Klubarbeit zurückgezogen hatten und Wechselgerüchte nie vollständig ausgeräumt hatten." Sie versicherte, dass die nun verbliebenen sieben Mandatare weiterhin gemäß den Werten Frank Stronachs "zum Schutze und zum Wohle der Bürger dieses Landes arbeiten werden".

Kritik an dem Abgeordnetenwechsel übten sowohl die Regierungspartei SPÖ als auch die übrige Opposition. "Die Mandate werden am Wahltag vom Wähler vergeben. Nicht danach mit billigen Taschenspielertricks erkauft", so SPÖ-Klubchef Andreas Schieder. Kommunikationschef Matthias Euler-Rolle erklärte: "Wie die neuen ÖVP-Abgeordneten zu einem besseren Gelingen der Reformarbeit der Koalition beitragen sollen und welche 'Expertise' sie genau mitbringen, bleibt vorläufig unklar." Während sich die FPÖ unbeeindruckt davon zeigte, warnten die Grünen vor einer "schwarz-blauen Erpressungsmehrheit". Die NEOS forderten eine Neuwahl.

Das Team Stronach verliert durch die zwei Abgänge insgesamt 332.102 Euro jährliche Klubförderung, für heuer gilt der Verlust aliquot. Die ÖVP wiederum bekommt um 96.236 Euro mehr. Der Rekordstand von sechs Fraktionen im Nationalrat bleibt noch aufrecht.