Der Nationalrat hat am Dienstagabend mit den Stimmen von Koalition und NEOS eine Reform des Strafgesetzbuchs verabschiedet. Ziel der umfangreichen Novelle ist eine bessere Straf-Balance zwischen Vermögens- und Gewaltdelikten. Zudem wird Cybermobbing strafbar, ebenso bisher nicht geahndete sexuelle Übergriffe wie das Po-Grapschen.

"Modernes Strafrecht auf Höhe der Zeit"

SP-Justizsprecher Hannes Jarolim zeigte sich mit der Vorlage zufrieden. Es handle sich um ein gutes und breit getragenes Ergebnis.

VP-Justizsprecherin Michaela Steinacker betonte, dass die Novelle mit viel Fingerspitzengefühl erstellt worden sei. Es sei gelungen, ein "modernes Strafrecht auf der Höhe der Zeit" zu etablieren. Was die "Verletzung der sexuellen Selbstbestimmung" betrifft, mit der auch Fälle strafbar werden, in denen sich Opfer aus Angst nicht wehren, sprach Steinacker von einem ganz wichtigen Zeichen für all jene, die solche Übergriffe erlebt hätten. Der Po-Grapsch-Paragraf, der entwürdigende Berührungen an Körperstellen, die der Geschlechtssphäre zugeordnet werden, sanktioniert, hätte für die Justizsprecherin dagegen auch im Verwaltungsrecht gereicht.

Dabei ist just letzterer - von Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) forcierter - Punkt einer jener, bei denen die Grünen noch am wenigsten auszusetzen hatten. Ansonsten kritisierte Justizsprecher Albert Steinhauser eine Wankelmütigkeit des Ministers, der Vorschläge immer wieder zurückgezogen habe. Besonders stört ihn die Neuregelung der Untreue: für Steinhauser Anlassgesetzgebung per excellence in der Causa Meinl, durch die der Banker Julius Meinl profitieren könnte.

Kritik an Anhebung der Wertgrenzen

Anderes störte die Freiheitlichen mehr. Deren Justizsprecher Harald Stefan kritisierte, dass die Anhebung der Wertgrenzen bei den Vermögensdelikten auf 300.000 Euro einfach zu weit gehe. Ebenfalls abgelehnt werden von der FPÖ Aufweichungen im Suchtmittelgesetz als "gesellschaftspolitisch falscher Ansatz". Damit bezog sich Stefan auf die Neuregelung, wonach Kauf und Besitz von Kleinstmengen für den Eigengebrauch nicht mehr automatisch zur Strafanzeige führen, wenn die Betroffenen mit den Gesundheitsbehörden kooperieren.

Den Untreue-Paragrafen hatte sich wiederum das Team Stronach ausgesucht, um seinen Unmut über die Gesetzesvorlage zu erläutern. Dieser biete viel Spielraum, um wirtschaftlich unfreundliche Urteile setzen zu können, meinte Mandatarin Kathrin Nachbaur. Man könne nicht mit dem Strafgesetzbuch gegen unternehmerische Fehlentscheidungen losziehen.

"Friedenssicherung nach innen und außen"

Dass das Glas halb voll ist, beschlossen die NEOS und unterstützen deshalb die Koalition beim Beschluss der StGB-Reform. Keine rechte Freude hat Justizsprecherin Beate Meinl-Reisinger freilich beispielsweise mit den Wertgrenzen, auf die sie lieber verzichten würde und es stattdessen der Strafzumessung des Richters zu überlasse,n die Schadenshöhe zu berücksichtigen. Außerdem hätte sie sich gewünscht, wenn bei solch einer großen Reform z.B. die Meinungsfreiheit einschränkenden Regelungen entfernt worden wären.

Justizminister Wolfgang Brandstetter (ÖVP) betonte sein Grundanliegen, die Relationen der Strafen neu zu ordnen. Dass da manch ein Vorschlag zurückgezogen bzw. geändert worden sei, habe nichts mit Wankelmütigkeit zu tun sondern mit dem Versuch, einen breiten Konsens zu finden. Denn das Strafgesetzbuch diene der Friedenssicherung nach innen und außen.

Betont wurde vom Ressortchef, dass man durchaus auch neue Schritte gesetzt habe, etwa mit der Strafbarkeit des Cybermobbing.