Der Wiener Bürgermeister Michael Häupl habe sich Donnerstag Früh in einem Telefongespräch mit Kanzleramtsminister Josef Ostermayer (beide SPÖ) sofort bereit erklärt, in die Bildungsreform-Gruppe einzusteigen. Häupls Schritt könnte eine "Stärkung der Arbeitsgruppe" bedeuten, sagte Ostermayer. Die Frage eines Abbruchs der Reformverhandlungen habe sich nicht gestellt. Wer auf VP-Seite nachrückt, sei noch nicht klar.

Heinisch-Hosek und Ostermayer gehen davon aus, dass nach Erwin Pröll (ÖVP) wieder ein Vertreter der Länder in die zu jeweils gleichen Teilen aus Regierungs- und Ländervertretern besetze Gruppe nachrücken wird. Der "springende Punkt" für den Ausstieg der beiden Landeshauptleute sei laut Heinisch-Hosek die Frage der künftigen Zuständigkeit für die Verwaltung der Lehrer gewesen.

Niessl und Pröll hatten immer wieder darauf hingewiesen, eine Verschiebung dieser Agenden in Richtung Bundesländer zu präferieren. Mit Blick auf die gesamte Reform sei das allerdings eine nachgeordnete Frage - wenn auch eine mit gewissem "Matchcharakter", wie es Ostermayer ausdrückte.

In einem Gespräch mit dem Mittwochabend aus dem Gremium zurückgetretenen burgenländischen Landeshauptmann Niessl habe dieser erklärt, dass er einer Einigung nicht im Wege stehen wolle, wenn die Zuständigkeiten in der Schulverwaltung nicht in Richtung Bundesländer wandern sollten. Mit dem ebenfalls aus der Gruppe ausgetretenen niederösterreichischen Landeshauptmann Pröll habe er nicht gesprochen, erklärte Ostermayer.

Mehr Autonomie für Schulstandorte

Klar sei, dass es eine große Bildungsreform brauche, sagte Bildungsministerin Gabriele Heinisch-Hosek. Das Ziel, den Schulstandorten mehr Autonomie zu verleihen, stehe innerhalb der Regierung "außer Streit". Der Stein des Anstoßes für den Ausstieg der beiden Landeshauptleute aus der Reformgruppe interessiere Schüler und Eltern nicht. Angesichts der wichtigen Fragen wie etwa der Umsetzung von ganztägiger Betreuung an den Schulen oder neuen Möglichkeiten zur Personalauswahl an den Schulstandorten stehe die Frage der "Verländerung" für sie am Ende des Prozesses, "in dem wir mitten drinnen sind".

In vielen Punkten hätten die mit der Bewertung der Umsetzung des von Landesschulratspräsidenten sowie Spitzenbeamten aus dem Bundes-und Landesbereich und einem Vertreter der Industriellenvereinigung erstellten Reformpapier "Freiraum für Österreichs Schulen" befassten drei Expertengruppen schon Einigkeit erzielt. Daher zeigte sich die Ministerin auch über den Zeitpunkt des Ausstiegs Niessls und Prölls verwundert.

Zwei-Drittel-Mehrheit notwendig

Ostermayer gab zu bedenken, dass es für Veränderungen in der Schulverwaltungsstruktur eine Zwei-Drittel-Mehrheit im Nationalrat brauche. Daher gelte es, im November Verhandlungsergebnisse zu präsentieren, die auch von Oppositionsparteien unterstützt werden können.

Die Bildungsreform-Arbeitsgruppe der Regierung hat sich bisher zwei Mal getroffen. Ende Jänner hatte es noch keine konkreten inhaltlichen Verhandlungen gegeben. Anfang März lag dann das Expertenpapier vor. Momentan bemühe man sich darum, einen neuen Termin für die dann umstrukturierte Arbeitsgruppe zu finden, hieß es aus dem Bildungsministerium. Ursprünglich war ein Treffen für Mitte des Jahres angedacht

Der angestrebte Termin für die Vorlage der Verhandlungsergebnisse im Ministerrat am 17. November wird aus Ostermayers Sicht halten.