Die geplante Strafrechtsreform bringt strengere Strafen für Gewalttäter und mehr Milde bei Vermögensdelikten. Letztere geht vielen aber zu weit, wie ein Blick in die Begutachtungsstellungnahmen zeigt. Volle Härte erst ab 500.000 Euro Schaden (bisher: 50.000) stößt großteils auf Unverständnis, nur die Rechtsanwälte sind dafür.

Unter den Interessensvertretern der Juristen bleibt die Anwaltskammer mit dieser Ansicht allein. Die Richtervereinigung meint dagegen in ihrer Stellungnahme, dass die Verzehnfachung der Wertgrenze nicht nur auf Skepsis oder Ablehnung in der Bevölkerung stoßen könnte, sondern "darüber hinaus nur noch unzulänglich geeignet ist, ihre prohibitive Wirkung sowohl in general- als auch spezialpräventiver Hinsicht zu entfalten".

Kritiker: "Überschießend"

Auch die Vereinigung österreichischer Staatsanwälte bezeichnet die Ausdehnung - sie soll wie das gesamte Gesetzesvorhaben Anfang 2016 in Kraft treten - als überschießend. "Eine derartige Bagatellisierung doloser Angriffe gegen fremdes Vermögen in einem Ausmaß, das - gemessen am Durchschnittseinkommen der Bevölkerung - einer Vernichtung der wirtschaftlichen Existenz gleichkommen kann, ist kriminalpolitisch in hohem Maße bedenklich und sollte nochmals überdacht werden."

Beim Obersten Gerichtshof (OGH) lässt man auch die Begründung für die Änderung nicht gelten. Dass dies einem zeitgemäßen Wertverständnis in der Gesellschaft entspreche, werde in den Erläuterungen zum Ministerialentwurf "ohne Beleg bloß behauptet". Ähnlich sieht das die Generalprokurator beim OGH. Es seien "keine dogmatischen, kriminalpolitischen oder kriminologischen Gründe" für die Erhöhung ersichtlich.

Staatsanwälte und Generalprokuratur treten für eine Anhebung auf nur 300.000 Euro ein, wie es auch die Arbeitsgruppe StGB 2015 empfohlen hat. Der Richtervereinigung findet das "immer noch hoch gegriffen", und aus Sicht des OGH "wäre dem Anliegen des Gesetzgebers auch mit 100.000 Euro Genüge getan". Nur der Rechtsanwaltskammertag freut sich über die 500.000 Euro, denn dies entspreche der in der Arbeitsgruppendiskussion von der Anwaltskammer vertretenen Ansicht.

Nicht mit Präventionsinteressen begründbar

Auch weitere Kritikpunkte gibt es. Die Rechtsanwälte stoßen sich etwa an der "groben Fahrlässigkeit" als im Strafrecht neu definierter Form schuldhaften Handelns. Die strengeren Strafen bei Körperverletzungsdelikten seien weder mit Präventionsinteressen noch mit Erfordernissen der Praxis begründbar.

Die Richtervereinigung ist hier milder und hält den Entwurf in seiner Gesamtheit für "in sich stimmig". Kritik gibt es allerdings an der teilweisen Entkriminalisierung beim Tatbestand der "schweren gemeinschaftlichen Gewalt" (bisher "Landfriedensbruch") und am Entfall der "Aufforderung zum Ungehorsam gegen Gesetze".

Ersteres sieht man beim OGH ganz ähnlich. Dort stößt man sich auch an einer weiteren Änderung, nämlich an der künftigen Strafdrohung von zwei Jahren für Tierquälerei. "Somit droht demjenigen, der zwei Hunde im abgestellten Auto vergisst, sodass sie durch Hitze sterben, doppelt so viel Strafe als jenem, der auf diese Weise fahrlässig ein Kleinkind tötet." Der OGH erblickt hier einen Wertungswiderspruch, die Erhöhung sollte unterbleiben.