"Eine Zukunft ohne Ersaufen im Mittelmeer", hatte der steirische Caritas-Präsident Franz Küberl bei einem Gedenkgebet für die rund 800 ertrunkenen Flüchtlinge am Mittwoch in Graz mit mehr als 200 Jugendlichen gefordert, zu dem Krautwaschl auch überraschend gekommen war. Im APA-Gespräch machte sich Krautwaschl Gedanken über die seit Jahren andauernde Tragödie. Er denke in solchen Fällen oft: "Mein Gott, mein Gott, warum? Ich habe keine Antwort. Eine vielleicht: Gott gab den Menschen die Freiheit, und das führt auch zu fürchterlichen Dingen, zu Unglück, Betrug, Mord. Aber die Freiheit will ich nicht aufgeben".

Elend und Leid weltweit lägen heute so nahe: "Ich wünsche mir, dass wir immer hinschauen versuchen, obwohl wir es nicht immer können. Im kleinen wie im großen drücken wir uns oft vor der Realität der Welt, es ist nicht immer alles Wellness". Der Bischof hielt ein Plädoyer für Zeit und Geduld in vielen Aspekten des Lebens: "Dort, wo oft nur Finsternis wahrgenommen wird, hat man als Christ Hoffnung und man sieht Leben. Wie beim Blick in das Grab Christi". Da sei auch Finsternis gewesen, und dennoch gab sein Tod Hoffnung, so Krautwaschl. "Dort, wo Finsternis ist, sieht man oft am weitesten. Ich denke da an den nächtlichen Sternenhimmel, mit all den fernen Galaxien, wo Unvorstellbares ist."

Auf die Frage, wie man bei all dem heutigen Angebot die Jugend ansprechen könne, meinte der Bischof: "Ich erlebe viele junge Leute, da kann ich es mit Händen greifen, dass sie unterwegs sind. Man muss es vorleben: Du hast etwas zu erwarten. Du bist geliebt. Da ist schon sehr viel erreicht. Es geht ja um die Grundfragen, woher komme ich, was ergibt Sinn und wohin gehe ich, wie Kardinal Franz König sagte. Ich sage: Die Liebe ist die DNA meines Lebens". Die Wertigkeit eines Menschen definiere sich nicht über Alter und Jugend. Ich darf sagen, ich stehe zu mir, ich habe ein wertvolles Dasein, mit allen Höhen und Tiefen. Alles ist möglich, nicht nur im Lotto", sagt Krautwaschl und lacht - was er offenbar ausgesprochen gerne tut, vor allem, wenn er Fragen mit persönlichen Geschichten beantwortet. "Früher hatte man 30 bis 50 Jahre, in denen alles passierte, und dann die Ewigkeit. Heute herrscht oft die Einstellung vor, ich habe an die 90 Jahre und da muss ich alles hineinpacken", so der Bischof.

In Sachen Frauen in priesterlichen Ämtern und Kommunion für Wiederverheiratete agierte der neue Bischof vorsichtig: "Das Weiheamt ist sowieso überhöht". Auf die Frage, ob er es sich beim Drängen von Frauen auf Teilnahme mit dieser Antwort nicht zu einfach mache, zeigte sich Krautwaschl nicht unaufgeschlossen, aber: "Die Wege sind lang, das geht nicht auf Anhieb". Kann man auf Engagement und Hingabe von Frauen in kirchlichen Funktionen verzichten? "Darüber muss geredet werden. Wo sind Frauen in unseren Organisationen, wo kann ich fördern, da wurde bisher viel zu wenig getan". Aber im Grunde müssten nur drei Funktionen in der Diözese von Priestern besetzt sein, der Bischof, der Generalvikar und der Gerichtsvikar.

Was die Kommunion für Geschiedene angehe, zitierte Krautwaschl ein Beispiel aus seinem Umfeld: "Wer in zweiter Ehe 25 Jahre verheiratet ist, da kann ich nicht sagen, das ist nichts. Doch auch für die andere Seite stellt sich die Frage, bin ich enthusiastisch für Gott?"

In der Ökumene in der Steiermark seien die Beziehungen sehr gut, urteilte der Bischof, die Israelitische Kultusgemeinde habe ihm gratuliert, und eine seiner ersten Begegnungen nach der Ernennung durch den Papst sei jene mit Superintendent Hermann Miklas gewesen. "Uns allen geht es um das Heil der Menschen, uns verbindet der Dialog. Auch der Kontakt zu den muslimischen Gemeinden soll gesucht werden. Er werde sich diesbezüglich mit der interreligiösen Kommission zusammensetzen.

Auf die Frage, was er gerade lese, antwortete Krautwaschl: "Im Moment leider gar nichts, ich komme nicht dazu. Aber ich freue mich auf den Urlaub, da habe ich mir das neue Buch von Donna Leon vorgenommen". Den Einwand, dass Leon über ihre Protagonisten zumeist sehr kirchenkritisch sei, ließ Krautwaschl gelten: "Sie macht tatsächlich auf blinde Flecken aufmerksam. Das muss ich aushalten."