Mehr als 1.500 Flüchtlinge, davon über 900 unbegleitete Minderjährige, seien derzeit im Erstaufnahmezentrum Traiskirchen untergebracht. Bürgermeister Andreas Babler (SPÖ) wies am Samstag einmal mehr auf diese untragbare Situation hin und forderte Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP), der er Versagen vorwarf, in einem offenen Brief zur Abschaffung des Massenlagers auf.

Babler: Niemand übrnimmt Verantwortung

Die Asylwerber müssten in einem alten, teilweise heruntergekommenen Gebäude auf engstem Raum leben, beschrieb Babler die Zustände. Die meisten Jugendlichen, die allein nach Europa geflüchtet seien, kämen aus Afghanistan. Sie hätten in Traiskirchen "keinerlei geregelte Betreuungsstruktur, kein Tagesprogramm, keine Beschäftigungsmöglichkeiten". "Seitens der Republik gibt es niemanden, der Verantwortung für sie übernimmt - keine Fürsorge, keine Ansprechpartner", sagte Babler.

Das Ergebnis des staatlich verordneten Nichtstuns sei "Herumlungern", es gebe Konflikte im öffentlichen Raum, auf Spielplätzen, in Parks und rund um das Bahnhofsgelände. Er habe es "genauso wie die Traiskirchner Bevölkerung" satt, permanent auf neue Modelle vertröstet zu werden und ständige Versprechungen zu bekommen, erklärte der Bürgermeister, dass seine Geduld am Ende sei.

Während die Innenministerin anlässlich der Flüchtlingstragödien von "europäischen Verantwortungen" spreche, schaffe sie selbst "so menschliche Schandflecke und Brennpunkte wie jenen im Massenlager Traiskirchen" nicht ab. Mikl-Leitner solle endlich die notwendigen Handlungen setzen, forderte Babler.

Innenministerin Mikl-Leitner zeigte am Samstag durchaus Verständnis für die Kritik des Bürgermeisters von Traiskirchen. Politische Zugeständnisse gab es in einer Reaktion, die der APA vorliegt, aber keine. Vorwürfe müssten auch an Bablers "zuständige Parteifreunde in den Bundesländern" gerichtet werden.

Mikl-Leitner einsichtig

"Ich gebe dem Bürgermeister völlig recht, es geht in diesem Bereich offenbar immer nur dann was weiter, wenn man öffentlichen Druck macht", so die Innenministerin an Babler, "ich selbst weiß das am besten". Eine Spitze konnte sie sich dabei nicht verkneifen: "Ich verstehe auch, dass der Bürgermeister dabei gerne den einfachen Weg geht - nämlich auf mich zu zielen." Verantwortlich sieht Mikl-Leitner nämlich auch die Bundesländer.

Auch Mikl-Leitner bezeichnete die Situation in Traiskirchen als unerträglich. "Wir haben Hunderte Minderjährige, die auf ihre Übernahme durch die Bundesländer warten. Dazu braucht es natürlich speziell geeignete Quartiere", merkte sie an. Im Februar hätten sich die Bundesländer zwar dazu bekannt, entsprechende Unterkünfte für die Minderjährigen zu schaffen und sie zu übernehmen. Damals hätten 713 Minderjährige auf ihre Übernahme gewartet, mittlerweile seien es 868. "Das ist ein unhaltbarer Zustand. Da braucht es endlich Tempo. Da bin ich einer Meinung mit dem Bürgermeister", so die Innenministerin.