Laut Hösele darf eine Diskussion über ein Mehrheitswahlrecht nicht an Schlagworten scheitern. Fest stehe, so Hösele, dass dringender Reformbedarf besteht und die Bürger Personen und nicht anonyme Parteilisten wählen wollen. Auch die Mitentscheidung über eine handlungsfähige Regierung statt der Kenntnisnahme einer "quasi pragmatisierten Zwangskoalition von SPÖ und ÖVP" ohne reale Alternative nach Nationalratswahlen sei höchst wünschenswert.

Die "Initiative Mehrheitswahlrecht" hat seit 2008 eine Reihe von Modellen für mehrheitsfördernde und persönlichkeitsorientierte Elemente im Wahlrecht vorgelegt. Obmann ist der frühere Zweite Nationalratspräsident, Heinrich Neisser (ÖVP), Mitglieder sind unter anderem die einstigen ÖVP-Politiker Erhard Busek und Franz Fischler, Ex-Staatsoperndirektor Ioan Holender, Böhler-Uddeholm-Chef Claus Raidl und der Verfassungsjurist Theodor Öhlinger.

Indes zeigte sich auch die SPÖ nicht abgeneigt von der Einführung des Mehrheitswahlrechts in Österreich. "Darüber kann man schon reden", sagte Bundesgeschäftsführer Norbert Darabos im Ö1-"Mittagsjournal". Man werde sich mit dem Koalitionspartner in dieser Frage auseinandersetzen, kündigte er an, bis jetzt handle es sich aber lediglich um Absichtserklärungen. Darabos betonte jedoch, dass das Thema sehr heikel sei, Oppositionsarbeit dürfe nicht verunmöglicht werden, bevorzugt er ein minderheitsfreundliches Modell.

FPÖ und Grüne sprachen sich strikt gegen ein Mehrheitswahlrecht aus. "Mann soll nicht am offenen Verfassungsherzen herumexperimentieren", warnte FPÖ-Generalsekretär Herbert Kickl. Grünen-Verfassungssprecherin Daniela Musiol glaubt, dass ein "gefährliches Spiel mit der Demokratie" betrieben wird, wenn man ein Mehrheitswahlrecht fordert.