Der Chef des Wirtschaftsforschungsinstitutes (Wifo), Karl Aiginger, lobt die Steuerreform, fordert aber rasch weitere Schritte ein. Die Reform sei zum richtigen Zeitpunkt gekommen. Allerdings bleibe sie unvollendet, wenn es nicht zu einer Senkung der Abgabenquote insgesamt komme und der Staat nicht spare, sagte Aiginger am Sonntag in der ORF-"Pressestunde".

Der Zeitpunkt für die Reform sei sehr richtig gewesen, denn Österreich würde gerade jetzt in eine Krise "hineintauchen": Die Inflation steige, das Wirtschaftswachstum sinke und die Arbeitslosigkeit gehe hinauf. Da sei die Steuerreform "ein positives Zeichen".

"Teil eines Reformweges"

Die Steuerreform alleine sei aber nicht die Lösung für alle Probleme, sie müsse als "Teil eines Reformweges gesehen werden". Wichtig sei, dass man nun sowohl eine Bildungs- wie auch eine Staatsreform angehe, der Wettbewerb müsse gestärkt werden und Österreich müsse zu seiner "Vorreiterrolle im Umweltbereich" zurückfinden, so der Wifo-Chef.

Die Warnungen des Fiskalrates, dass durch die Steuerreform die Neuverschuldung steigen werde, teilt Aiginger nicht: "Es ist eine gleich große Gegenfinanzierung angedacht", diese müsse auch durchgeführt werden. Von der Regierung erwartet sich der Wifo-Chef, dass bereits bei der Regierungsklausur am Montag und Dienstag besprochen wird, wo gespart werden soll.

Gefragt, ob Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP) sein Ziel eines strukturellen Nulldefizits 2016 erreichen wird können, meinte Aiginger: "Es muss ihm dabei jemand helfen", etwa eine "überraschend gute konjunkturelle Lage". "So wie es aussieht, geht es sich nicht aus, hier müsste mehr gespart werden, das dürfte Montag und Dienstag bei der Klausur besprochen werden."

Neue Schulden dürften jedenfalls keine gemacht werden, auch nicht, wenn die Lage an den Finanzmärkten verlockend wäre: "Das ist der alte Weg, zu schauen, ob nicht noch ein bisschen mehr geht." Aiginger verwies auch auf die EU-Vorgaben: "Wir sind am Rande des Fiskalpaktes, am Rande der möglichen Steuerquote, am Rande der möglichen Staatsverschuldung."

Konkrete Einsparungsnotwendigkeiten sieht der Experte etwa im Bereich der öffentlich Bediensteten. Man habe in den letzten Jahren immer wieder von einem Einstellungsstopp gesprochen, jetzt gebe es aber mehr Beschäftigte im öffentlichen Sektor als vor zehn Jahren.

Auch im Bereich der Pensionen forderte Aiginger baldige Reformen. Den Ruf der ÖVP nach einer rascheren Anpassung des Frauenpensionsalters an jenes der Männer als vorgesehen (im Jahr 2024) unterstützt er ganz klar: "Ja, selbstverständlich, in Kombination mit einem Programm für altersgerechte Arbeitsplätze." Außerdem müsse es zu verstärkter Weiterbildung während der Berufslaufbahn kommen, und auch das diskutierte Bonus/Malus-System für Betriebe zur Förderung der Beschäftigung älterer Arbeitnehmer müsse endlich realisiert werden.

Zum Thema der Hypo-Abbaubank Heta sagte Aiginger, er gratuliere der Regierung für ihren Schritt des Zahlungsmoratoriums. Damit gehe Österreich einen "wirklich neuen Weg". Befürchtungen, dass andere heimische Hypo-Banken "mitkippen", teile er nicht. Es sei im Bankensektor "soviel Rationalität" da gewesen, "dass man sich darauf vorbereitet hat". Die Kosten würden im Bankensektor selbst getragen werden, so seine Einschätzung.

Zur Griechenlandkrise meinte der Wirtschaftsforscher, ein Austritt auf dem Euro sei kein realistisches Szenario. Griechenland brauche wieder mehr unternehmerisches Denken. Ein vorstellbarer Weg wäre, dass Österreich und Deutschland einen "Investitionsfonds" speisen, der "in eine neues Griechenland investiert", so Aiginger.