Deutsch findet es "unglaublich", dass der Akademikerball in der Hofburg, einer "Visitenkarte" Österreichs, stattgefunden hat. "Der Ball hat dort nichts zu suchen." Die Burschenschafter, die dort feiern, hätten sich von Antisemitismus nicht abgegrenzt, meinte der IKG-Präsident. An den Demonstrationen dagegen hat Deutsch selbst nicht teilgenommen, er findet sie aber richtig. Dass eine kleine Minderheit gewalttätig vorgegangen sei, schade der Sache.

Die IKG habe Kontakt zu allen politischen Parteien, mit der FPÖ gebe es aber "keine Gesprächsbasis", betonte Deutsch. Er kritisierte, dass Repräsentanten der FPÖ dem Deutschnationalen nicht abgesagt hätten und es immer wieder "Hetze" gebe. Als Beispiel nannte er den Wahlslogan "Daham statt Islam" oder die Karikatur mit einem reichen Juden.

FPÖ-Generalsekretär Herbert Kickl wies die Kritik von Deutsch als "inakzeptabel und beschämend" zurück. "Herr Deutsch ist nicht die Instanz, die darüber zu entscheiden hat, welche demokratische Partei in Österreich wann und wo einen Ball abhält", sagte Kickl in einer Ausendung.

Kritik übte der IKG-Präsident an der Islamischen Glaubensgemeinschaft. Er habe den Eindruck, dass die IGGiÖ zu wenig dagegen tue, wenn in Moscheen oder islamischen Schulen gegen Juden gepredigt werde. Ein Brief von ihm an IGGiÖ-Präsident Fuat Sanac sei unbeantwortet geblieben. Er wolle nicht eine ganze Religion in Geiselhaft nehmen, aber von einigen aus dem Islam komme "Hetze". Die IGGiÖ sei gefragt, dagegen anzukämpfen, sagte Deutsch. In der "Presse" forderte er, "Vergehen nach dem Hetzparagrafen sollten stärker geahndet werden. Es dürfte in Österreich keine Moschee geben, in der gehetzt wird, auch sollten muslimische Schulbücher auf antisemitische Inhalte kontrolliert werden."

Die Juden in Österreich hätten zwar keinen Grund für Angst, "aber wir sind in Sorge". Es sei nicht die Frage, ob, sondern wann und wo in Europa der nächste Anschlag stattfinde, sagte Deutsch in der "Pressestunde". Möglich sei das auch in Österreich. In Österreich werde aber alles für die Sicherheit getan, die jüdischen Institutionen seien gut geschützt. Dass zuletzt viele Menschen aus Frankreich ausgewandert sind, versteht Deutsch. In Österreich sehe er dafür jedoch keinen Grund. Grundsätzlich sei die Frage der Auswanderung aber die persönliche Entscheidung jedes Einzelnen.

Um den Bestand der jüdischen Gemeinde in Österreich auch in 20 oder 30 Jahren noch garantieren zu können, wünscht sich der IKG-Präsident eine Zuwanderung von 10.000 bis 15.000 Juden. Vor allem mit der Rot-Weiß-Rot-Karte sollte das seiner Ansicht nach möglich sein. Deutsch lobte ausdrücklich die gute Infrastruktur und bezeichnete das jüdische Leben in Österreich als "lebenswert". Gleichzeitig verwies er aber darauf, dass neben dem traditionellen Antisemitismus von linker und von rechter Seite in den letzten Jahren eine dritte Art dazugekommen sei, nämlich der islamistische Antisemitismus, der auch in Österreich stark angestiegen sei.

Deutsch wünscht sich Maßnahmen der EU und der einzelnen Mitgliedsstaaten gegen den steigenden Antisemitismus. Eine diesbezügliche Initiative Frankreichs begrüßt er ebenso wie den Plan Österreichs, jenen, die sich im Irak oder Syrien als Jihad-Kämpfer ausbilden lassen und dann zurückkehren wollen, den Reisepass und die Staatsbürgerschaft abzunehmen. Letzteres sollte in ganz Europa umgesetzt werden, diese Personen sollten dann nicht mehr in die EU einreisen dürfen.

Die Gedenkveranstaltung für die Opfer der Pariser Anschläge auf dem Wiener Ballhausplatz empfand Deutsch als "sehr würdig". Kritik übte er allerdings daran, dass von Regierungsseite zu den vier Opfern in einem koscheren Supermarkt gesagt wurde, diese seien zur falschen Zeit am falsch Ort gewesen. Nicht verstehen kann Deutsch auch die Aussage von Bundespräsident Heinz Fischer, dass die Steigerung der Zahl der antisemitischen Vorfälle um fast 100 Prozent im Vorjahr vor allem auf eine gewachsene Sensibilität zurückzuführen sei.

Nicht äußern wollte sich Deutsch, ob das Abdullah-Zentrum für interreligiösen Dialog geschlossen werden sollte. Er verwies nur darauf, dass interreligiöser Dialog sehr wichtig sei, auf der anderen Seite sei auch die Einhaltung der Menschenrechte wichtig.