Die Steiermark war 2011 mit 542 Gemeinden das kleinststrukturierte Bundesland - 39 Prozent der Kleinstgemeinden Österreichs lagen in der Grünen Mark. Deren Problem war - so sie nicht viele Betriebe mit einer starken Kommunalsteuerleistung auf ihrem Boden hatten - zusehends Finanzschwäche. Der finanzielle Druck wuchs ebenso wie die Abwanderung: 2010 hatten bereits 200 Kommunen einen Abgang im Budget.

76 der steirischen Gemeinden hatten weniger als 500 Einwohner, 120 liegen unter der 1.000er-Marke. Die Kommune mit der geringsten Einwohnerzahl war Freiland im Bezirk Deutschlandsberg mit 148 Seelen. Viele Gemeinden waren nur noch über Bedarfszuweisungen des Landes in der Lage, einigermaßen ausgeglichen zu bilanzieren. Zuvor hatte man in einer Art kommunalem Konkurrenzkampf oft teure Infrastruktur wie Wirtschaftshöfe oder Kulturhäuser wenige Kilometer voneinander entfernt errichtet.

Steirische Bezirke waren bereits ab 1. Jänner 2012 fusioniert worden, am schnellsten ging es in der Obersteiermark, hier wurden Knittelfeld und Judenburg zu "Murtal". Am 1. Jänner 2013 wurden dann das oststeirische Hartberg und Fürstenfeld zusammengelegt, ebenso wie die östlichen obersteirischen Bezirke Bruck und Mürzzuschlag. Für österreichweite spöttische Kommentare sorgte der ursprünglich ventilierte Name der fusionierten südoststeirischen Bezirke Feldbach und Radkersburg zu "Vulkanland", nach einer regionalen Marke für Lebensmittel und Kunsthandwerk. Schließlich wurde daraus das bodenständigere "Südoststeiermark".

Jene Bezirke mit den meisten Fusionen sind sind Liezen, Murau, Deutschlandsberg, Bruck-Mürzzuschlag, Hartberg-Fürstenfeld und Südoststeiermark. Der mit den wenigsten Fusionen ist Leoben und hier verliert der Bezirk auch noch eine Kommune: Die einzige Fusion zum Jahreswechsel ist die von Hieflau mit den im Bezirk Liezen liegenden Kommunen Landl, Palfau und Gams zu "Landl". Übrigens wechseln steiermarkweit wie Hieflau sieben weitere Gemeinden durch die Fusion den Bezirk.

Die erste große Gemeindereform in der Steiermark der Zweiten Republik führte Landeshauptmann Josef Krainer senior durch - noch mit absoluter Mehrheit für seine ÖVP ausgestattet, aber von der wegen des Proporzes mitregierenden SPÖ auch nicht behindert. Von 1967 bis 1969 wurden aus 884 genau 561 Gemeinden. Danach gab es da und dort Zusammenschlüsse auf freiwilliger Basis. Doch noch 2010 zählte man 542 Kommunen - exklusive der Statutarstadt Graz, die in Gemeinderatswahljahren nicht zu den Urnen ruft.

Die schnellsten Fusionierer waren in den Bezirken Leoben und im heutigen Bezirk Hartberg-Fürstenfeld zu finden: In Leoben ging Trofaiach mit Hafning und Gai zusammen (Vordernberg sprang kurz davor ab), in Hartberg waren es Buch-Geiseldorf und St. Magdalena am Lemberg. Seit 1. Jänner 2013 firmieren die neuen Kommunen unter "Trofaiach" und "Buch-St. Magdalena". Wenn nun am 1. Jänner 2015 die Zahl der Gemeinden von 539 auf 287 sinkt, dürfte das noch nicht der Schlusspunkt sein. Eine fast logische Vereinigung aufgrund von wirtschaftlicher und siedlungsgeografischer Verflechtung ist der obersteirische Ballungsraum Bruck/Mur und Kapfenberg. Die "Prämie" des Landes Steiermark für Fusionswillige - bis zu 200.000 Euro - dürfte dann aber nicht mehr gelten. Die Gespräche zur angestrebten Zusammenlegung von Bruck/Mur und Kapfenberg waren im November 2012 geplatzt, es gab zuletzt aber wieder eine Annäherung.

Für viele Bürgermeister, die ab Jahresbeginn ihren Job als Ortschef los sind, kommt laut den Plänen der "Reformpartnerschaft" eine Funktion als "Ortsteilbürgermeister" in den zusammengelegten Gemeinden infrage. Für die verbleibenden Amtsträger wurde vom Land ein neues Gehaltsschema ausgearbeitet, das Bürgermeistern in den kleineren Gemeinden mit Anhebungen entgegenkommt.

Wie die Menschen bei der Gemeinderatswahl am 22. März nun abstimmen, steht in den Sternen. In gewisser Weise wird es aber eine Testwahl für die "Reformpartner" SPÖ-LH Franz Voves und LHStv. Hermann Schützenhöfer (ÖVP). Bisher war die ÖVP die Partei mit den meisten Ortschefs, Schützenhöfer sprach von der steirischen ÖVP stets als "Bürgermeisterpartei". Beide "Reformpartner" bezeichneten wiederholt die Fusionen als "Herzstück" ihrer Reformpolitik. Immerhin hatte Josef Krainer senior die Fusionen seinerzeit noch einfach anordnen können. Die seither selbstbewusster gewordenen Kommunalpolitiker traten gegenüber der reziprok schwächer gewordenen Landespolitik anders auf als noch in den 1960ern. "Wir sind in einer anderen Zeit, und wir verhandeln Tag und Nacht. Das Schönste wäre, wenn wir alles durch Freiwilligkeit zusammenbrächten," sagte Schützenhöfer noch im Juli 2012.

Allerdings: Immer mehr Kommunen, denen die Zusammenlegungspläne der Landesregierer nicht schmeckten, organisierten sich in der "Gemeindeinitiative", ins Leben gerufenen von über 100 kritisch eingestellten Gemeinden. Diese riefen sogar dazu auf, keine Wahlplakate ihrer Parteien SPÖ und ÖVP für die Nationalratswahl im Herbst 2013 in ihren Gemeinden zu affichieren. In der Tat erzielten SPÖ und ÖVP bei der NR-Wahl schlechte Ergebnisse, die FPÖ wurde stärkste Partei, die Wahlbeteiligung war erschreckend gering - wohl auch eine Reaktion darauf, dass viele "Gegen eine Fusion"-Ergebnisse in Volksbefragungen die Landesspitze nicht von ihrem Vorhaben abbrachten. Die Gemeindeinitiative machte sich auch für eine Neuregelung des Finanzausgleichs stark, da steirische Kommunen im Aufteilungsschlüssel gegenüber anderen Bundesländern benachteiligt werden. Übrigens: Im Zuge der Fusionen verlieren 236 Gemeindeämter ihre Funktion.

Einsprüche von über 40 Gemeinden beim Verfassungsgerichtshof (VfGH) gegen die "Zwangsfusionen" endeten mit der Entscheidung, dass alles rechtens sei. In zwei Tranchen wurden die Eingaben abgewiesen, Mitte Oktober und Mitte Dezember, die Entscheidung zu einer Gemeinde ist noch ausständig.

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