Denn wenn eine Partei ausschließlich von Männern vertreten werde, entspreche das nicht der österreichischen Gesellschaft. So will Bures auch alles diskutieren, was dazu nützen könnte, Frauen verstärkt in Führungspositionen zu bekommen. Dies gelte freilich nicht nur für die Politik sondern auch für die Wirtschaft.

Zuversichtlich ist die Nationalratspräsidentin, dass die von der SPÖ jüngst bei ihrem Parteitag vereinbarten Regelungen zur Erfüllung einer 40-Prozent-Mindestquote Wirkung zeigen werden. Davon, dass der Bundesparteivorstand unwilligen Landesparteien tatsächlich deren Kandidatenlisten zurückwerfen würde, ist Bures "überzeugt". Dass die Landesorganisationen quasi im voreilenden Gehorsam ihre Listen schon statutenkonform erstellen, wäre für die frühere Frauenministerin freilich "noch schöner".

Keine verschärften Regelungen denkt Bures an, was die Arbeit der Parlamentarier angeht. Die vor allem in der vergangenen Legislaturperiode diskutierte Erleichterung eines Amtsverlusts hält sie nicht für nötig, obwohl es derzeit eine einjährige unbedingte Haftstrafe braucht, um einen Parlamentssitz zu verlieren. Bures glaubt, dass dieser Passus ausreichend ist. In den Mittelpunkt rücken müsse man die politische Verantwortung der Mandatare.

Ebenfalls keinen Handlungsbedarf erkennt Bures, was die Abwahlmöglichkeit von Nationalratspräsidenten angeht, die rund um den früheren Dritten Präsidenten Martin Graf (FPÖ) immer wieder andiskutiert worden war. Man solle die unabhängige überparteiliche Leitung des Hohen Hauses nicht permanent den politischen Mehrheitsverhältnissen aussetzen: "Ich glaube nicht, dass es gut ist, die Vorsitzenden des Parlaments dauernd irgendwelchen Abstimmungen zu unterziehen."

Apropos Abstimmung: Da könnte sich etwas an den derzeitigen Gegebenheiten mit Aufstehen und Sitzenbleiben nach dem Parlamentsumbau ändern. Man werde möglicherweise mit modernen Technologien (also Abstimmungsmaschinen) den Abstimmungsprozess beschleunigen. Ob es einen eigenen Parlaments-TV-Kanal geben wird, ist laut Bures noch nicht entschieden. Ablehnend äußert sich die Präsidentin, was eine allgemeine Öffnung der Ausschuss-Sitzungen für Publikum angeht. Es sei manchmal besser im Sinn der Sache, wenn Lösungen im Vertraulichen gefunden werden.

Neuland betritt das Hohe Haus im kommenden Jahr, was die Untersuchungsausschüsse angeht, ist deren Einsetzung doch künftig ein Minderheitenrecht und werden diese nunmehr von den Präsidenten geführt. Bures kündigte an, das Gremium im Wesentlichen durchgehend selbst zu leiten und nur an ihre Präsidiumskollegen abzugeben, wenn sie anderes in ihrer Verpflichtung als Parlamentschefin zu tun habe. In die Akte Hypo liest sich Bures noch nicht speziell ein, stehe diese doch noch nicht endgültig als Thema des nächsten Ausschusses fest, dafür umso mehr in die neue Geschäftsordnung.

Dass mit dem neuen Regulativ gleich alles wie am Schnürchen läuft, hielte die Präsidentin für vermessen zu hoffen. Sie ist aber davon überzeugt, dass die geänderten Rahmenbedingungen die Chance in sich tragen, von "Polit-Tribunalen mit bedenklichen Abläufen zu einem fairen rechtsstaatlich-korrekten Verfahren" zu gelangen: "Das Parlament ist kein Gerichtshof." Allzu sehr fürchten müssen sich die Ausschuss-Mitglieder vor einer Vorsitzenden Bures übrigens nicht. In ihren gut drei Monaten als Präsidentin hat sie keinen einzigen Ordnungsruf erteilt, was laut Bures aber "keine Frage der Milde" sei. Es sei eben nicht gegen die Geschäftsordnung verstoßen worden.

Was die am Donnerstag angelaufene Enquete-Kommission zur Demokratiereform anlangt, will Bures den Ergebnissen noch nicht vorgreifen. Klar sei, dass das Resultat eine Stärkung der Demokratie sein müsse. Inwieweit die Volksbegehren aufgewertet werden können, sagte die Präsidentin nicht, verwies aber auf einen rot-schwarz-grünen Vorschlag aus der vergangenen Legislaturperiode mit einer Volksbefragung bei Volksbegehren, die von mindestens zehn Prozent der Unterzeichnungsberechtigten unterstützt wurden, als Basis der Diskussion. Ob die Vorzugsstimmen aufgewertet werden sollen, ist für Bures noch Gegenstand der Diskussionen.

Guten Mutes ist die Präsidentin, dass Österreich im kommenden Jahr eine vorgezogene Nationalratswahl erspart bleibt. Bures ist "überzeugt", dass kommenden März eine Steuerreform mit einer Entlastung der Arbeitnehmer stehen wird. Nötig sei dabei aufeinander zuzugehen und einen Kompromiss zu entwickeln, denn: "Nicht jeder Kompromiss ist ein fauler Kompromiss."

Die SPÖ will ab Anfang 2015 über verbindliche Frauenquoten für die Parlamentsklubs verhandeln. Klubchef Andreas Schieder kündigte entsprechende Gespräche seiner Frauensprecherin Gisela Wurm mit den Kolleginnen der anderen Fraktionen an. Eine Möglichkeit wäre aus seiner Sicht der von Nationalratspräsidentin Doris Bures (SPÖ) vorgeschlagene "Malus" bei der Klubförderung bei zu geringem Frauenanteil.

ÖVP-Klubchef Reinhold Lopatka wollte sich bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Schieder noch nicht festlegen, ob ein solches System für ihn vorstellbar wäre, und einen konkreten Vorschlag abwarten. "Wenn die Präsidentin das für wirklich wichtig hält, wird sie das auf die Tagesordnung setzen", sagte der ÖVP-Klubchef. Dann werde er dieses Thema auch im ÖVP-Klub besprechen.

Schieder kündigte an, dass bei den Gesprächen mit den Frauensprecherinnen der anderen Parteien auch konkrete internationale Modelle (u.a. das schwedische) geprüft werden sollen. Es gehe darum, "dass alle Parteien sich um eine akzeptable Frauenquote nicht nur bemühen, sondern diese verwirklichen". Als Negativbeispiel nannte er die NEOS mit nur einer Frau unter insgesamt neun Abgeordneten.

Anknüpften könnte eine gesetzliche Quotenregelung laut Schieder sowohl bei der Einreichung der Wahllisten als auch bei der Klubförderung mit einer Bonus/Malus-Regelung. Nach den Gesprächen der Frauensprecherinnen werde man sehen, in welchen Weg man gehen werde.

Die Grünen zeigten sich erfreut über die "Bewegung" bei den Koalitionsparteien. Klubchefin Eva Glawischnig erinnerte in einer Aussendung etwa an einen Antrag der Grünen aus dem Jahr 2008, in dem sie Anreize für eine Steigerung des Frauenanteils fordern.

Der derzeitige Frauenanteil im Parlament sei mit nicht einmal einem Drittel "beschämend niedrig", kritisierte Glawischnig. Ziel müsse jedoch sein, dass Frauen entsprechend ihrem Bevölkerungsanteil auch an den politischen Entscheidungen mitwirken können.

Die Grünen haben beim Bundeskongress Anfang Dezember ein Bonus-Malus-System beschlossen, so die Grünen-Chefin. Dieses sieht vor, dass Parteien, deren Frauenquote im Nationalrat unter 50 Prozent liegt, im Rahmen der Parteien-, Klub- und Parteiakademiefinanzierung "spürbare" finanzielle Abschläge erhalten sollten.