"Ich bin froh, dass ich mit Rudi Hundstorfer hier stehe und nicht mit einem Automaten", machte Faymann gleich zu Beginn der Pressekonferenz im Kanzleramt seine Haltung zur von der ÖVP gewünschten Automatik neuerlich deutlich. "Gegen jeden Automaten, aber für die volle politische Verantwortung, Rede und Antwort zu stehen, ob sich das, was wir an Einzahlungen haben, mit dem, was wir an Auszahlungen haben, ausgeht", so der Kanzler.

"Es ist unverständlich, dass man heute den Eindruck erweckt, dass heute, jetzt der Bedarf bestehe, etwas zu automatisieren", sagte Faymann in Richtung ÖVP. Denn es liege noch gar kein endgültiges Ergebnis vor, was die bereits gesetzten Maßnahmen im Pensionsbereich bringen.

Der SPÖ-Chef verwies auf die Vereinbarung mit dem Koalitionspartner, im Jahr 2016 zu evaluieren, ob die Maßnahmen zur Erhöhung des faktischen Pensionsantrittsalters greifen oder nicht: "2016 wurde als Kontrolldatum vereinbart, dieses Kontrolldatum ist einzuhalten", so Faymann. "Und wenn sich da herausstellt, es ist noch etwas nachzubessern, dann ist in erster Linie nachzubessern, dass die Leute eine Arbeit finden." Denn es sei entscheidend, "ob die Betriebe auch ältere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer aufnehmen oder behalten."

Daher beharrt die SPÖ auf die Einführung des Bonus/Malus-Systems, mit dem Anreize geschaffen werden sollen, dass Unternehmen ältere Mitarbeiter einstellen bzw. im Job halten. Das sei "ein entscheidender Punkt, der gerade aufgeschoben wird, unglücklicherweise", sah der Bundeskanzler erneut den Koalitionspartner gefordert. Hundstorfer sagte zum wiederholten Mal, er hoffe, dass das Bonus-Malus-System nach der Wirtschaftskammerwahl "über die Bühne geht". Darüber hinaus betonte der Minister, dass das Pensionsgutachten heuer besser sei als im Jahr davor.

Gleichzeitig betonten die beiden SPÖ-Spitzenpolitiker, dass es zu einer Einrechnung der Beamten-Pensionen ins Pensionsmonitoring kommen müsse. Mit den Beamtenpensionen schaue die Rechnung der Bundeszuschüsse ins Pensionssystem nämlich deutlich besser aus, so das Argument. Gefragt, warum die ÖVP sich gegen die Berücksichtigung der Beamtenpensionen im Pensionsgutachten sperrt, meinte Hundstorfer, es gebe dafür "de facto keinen wirklich sachlichen Grund". Man werde sich aber bemühen, die Pensionsarten gemeinsam darzustellen.

Gefragt, ob das positive "Neustart-Feeling" der Koalition nun aufgrund der Streitereien um die Pensions-Automatik weg sei, sagte Faymann: "Das persönliche Verhältnis mit dem Herrn Vizekanzler (Reinhold Mitterlehner, Anm.) ist gut, die ÖVP ist dieselbe geblieben" - sie mache seit Jahren dieselben Vorschläge. Aber auch die SPÖ sei dieselbe geblieben - und daher werde man das Bonus-Malus-System durchsetzen und auch eine Steuerreform zustande bringen. Dass sein starkes Auftreten gegen den Pensions-Automatismus mit dem Parteitag am Wochenende zu tun haben könnte, stellt Faymann in Abrede.

Von der ÖVP kam scharfe Kritik an der Haltung der SPÖ in der Pensionsfrage. ÖVP-Chef Reinhold Mitterlehner attestierte der SPÖ, lediglich zu beschwichtigen und zuzuwarten. Generalsekretär Gernot Blümel sprach von einem "Schönreden" der Problematik und trat für ein "umfassendes, ehrliches und transparentes Pensionsmonitoring" ein.

"Tatenlose Beschwichtigung ist die schlechteste Automatik. Das ist der wahre Zynismus", sagte Mitterlehner. "Wir brauchen eine sachliche Diskussion über die Sicherung der Pensionen. Das Handlungsprimat der Politik kann dabei ruhig im Vordergrund stehen, aber wenn nichts passiert, wie es viele Beschwichtiger in der Pensionskommission wollen, muss es einen Automatismus geben". Gleichzeitig betonte er, dass die Pensionen sicher seien.

Blümel trat für "gezielte Maßnahmen, um das faktische Pensionsantrittsalter in Österreich zu heben" ein. Dafür sei ein "umfassendes, ehrliches und transparentes Pensionsmonitoring" unabdingbar. Dazu müssten auch Personen in Rehabilitation und Umschulungen, die zuvor in den Invaliditätspensionen erfasst wurden, im Monitoring erfasst werden, so seine Forderung. Auch müsse man dabei "selbstverständlich" über einen "Stabilisierungsmechanismus" nachdenken. Auch Wirtschaftssprecher Peter Haubner sah eine "Beschwichtigungs-Taktik", dies sei "verantwortungslos".

Wirtschaftskammer-Präsident Christoph Leitl forderte am Mittwoch Anreize für längeres Arbeiten für Firmen und den jeweiligen Mitarbeiter. Derzeit gehe es den meisten Menschen darum, so rasch wie möglich in Pension zu gehen, "weil ein Anreiz zum längeren Arbeiten fehlt". Also solle "jemand, der Anspruch auf Pension hat, aber länger bleibt, ein Viertel des Pensionsanspruches erhalten. Ein weiteres Viertel soll der Arbeitgeber bekommen und die übrigen 50 Prozent verbleiben im Pensionssystem", so Leitls Vorschlag.

"Das hieße beispielsweise, ein Arbeitnehmer bekommt für das Jahr, das er länger bleibt 3.000 Euro als Prämie, wie auch sein Dienstgeber. 6.000 Euro blieben im Pensionssystem", so Leitl. "Viele würden sagen, 'da bleibe' ich länger'", so die Hoffnung. Mit diesem Vorschlag sei "mehr zu erreichen als mit einem bürokratischen Bonus-Malus-System", sagte der Wirtschaftskammerpräsident.