Am Freitagabend herrschte zunächst Verwirrung um die Vorgänge in der in Umfragen immer tiefer abrutschenden Partei des austro-kanadischen Milliardärs. Unter Berufung auf eine Sprecherin des Parlamentsklubs hatte "profil" zunächst den Parteiaustritt Nachbaurs berichtet. Die geschäftsführende Klubobfrau Waltraud Dietrich machte mit der Feststellung, dass bei der steirischen Landespartei keine Austrittserklärung der Grazerin Nachbaur eingegangen sei, die Verwirrung zunächst perfekt.

Klarheit schaffte dann der Abgeordnete Marcus Franz: Er bestätigte gegenüber der APA, dass Nachbaur ihre Mitgliedschaft in der Bundespartei zurückgelegt hat. Gleichzeitig bestätigte er auch, dass Nachbaur trotzdem Klubobfrau bleibe. In einer Klubsitzung, an der auch Frank Stronach teilnahm, habe sie ihren Rücktritt angeboten. Ihr sei aber zu 100 Prozent das Vertrauen aller zehn Abgeordneten ausgesprochen worden. Auch Waltraud Dietrich wurde als geschäftsführende Klubobfrau bestätigt.

Dass damit eine Parteifreie Klubobfrau ist, bedeutet zwar ein Novum im Parlamentarismus, ist aber rechtlich kein Problem. Auch Franz gestand zu, dass das zwar ungewöhnlich sei, nicht aber "im Gesamtsetting" des Team Stronach, wo die Mehrzahl der Mandatare keine Parteimitglieder seien.

Grund für den Rücktritt Nachbaurs waren Auffassungsunterschiede, wie auch Franz bestätigte. Er sprach von einer "Emanzipationsbewegung" aufseiten Nachbaurs, um eine eigenständige Politik mit dem Parlamentsklub machen zu können. Es gehe dabei um eine wirtschaftsliberale, wertkonservative Ausrichtung. "Wir wollen uns alle emanzipieren von Frank", sagte Franz. Er glaubt, dass Stronach selbst das in einiger Zeit auch "grundsätzlich positiv sehen" wird.

Vorausgegangen war dem Rücktritt Nachbaurs bereits ihr de facto-Rauswurf aus dem Stronach-Firmenimperium. Der Magnat hatte ihr die 140.000 Euro-Jahresgage der Stronach Group gestrichen. Überrascht war Stronach auch von der Nachricht, dass Nachbaur ein Kind erwartet.

Wer nun Nachbaur als Statthalter Stronachs an der Parteispitze nachfolgen wird, ist noch offen. Das werde Frank Stronach in aller Ruhe überlegen. Die Entscheidung darüber werde zwar der Parteivorstand treffen, als Obmann werde Stronach dabei aber sicher ein gewichtiges Wort mitzureden haben, meinte Franz.