Auf Druck der USA und Russlands hat die syrische Regierung einer Waffenruhe in der Stadt Aleppo und der gleichnamigen Provinz zugestimmt. Die zweitägige Feuerpause werde am Donnerstag um 01.00 Uhr Ortszeit (00.00 Uhr MESZ) in Kraft treten, hieß es in einer am Mittwochabend von der staatlichen Nachrichtenagentur SANA veröffentlichten Erklärung der Armeeführung in Damaskus.

Über den Beginn der Waffenruhe machten die beteiligten Regierungen unterschiedliche Angaben. Laut dem US-Außenministerium trat sie bereits in der Nacht auf Mittwoch um 00.01 Uhr Ortszeit (23.01 Uhr MESZ) in Kraft. Seitdem sei die Gewalt zurückgegangen, auch wenn die Kämpfe mancherorts fortgesetzt würden. Das russische Verteidigungsministerium erklärte, die Feuerpause gelte bis Freitag um Mitternacht.

Schwerste Kämpfe seit Monaten

Aus der nordsyrischen Metropole waren zuvor die schwersten Kämpfe zwischen Regierungstruppen und Rebellen seit Monaten gemeldet worden. Einem AFP-Korrespondenten zufolge war die ganze Nacht über Artillerie und Lärm von Luftangriffen zu hören, bevor sich die Lage Mittwoch früh beruhigte. Die "Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte" sprach von den "gewalttätigsten" Gefechten seit mehr als einem Jahr. Die Angaben der Beobachtungsstelle stammen von einem Netz von Informanten in Syrien und können von unabhängiger Seite nicht überprüft werden.

Russland ist ein Verbündeter von Syriens Staatschef Bashar al-Assad und unterstützt dessen Truppen militärisch. Die USA führen eine internationale Koalition an, die in Syrien Luftangriffe gegen den IS fliegt. Am 27. Februar war eine von den Regierungen in Washington und Moskau vermittelte Waffenruhe in Syrien ausgerufen worden, von der nur Jihadistengruppen wie der "Islamische Staat" (IS) ausgenommen sind.

In der vergangenen Woche wurde die Waffenruhe allerdings vielfach gebrochen, insbesondere in Aleppo. Regierungstruppen und Rebellen kämpfen seit Jahren erbittert um die Kontrolle der Stadt und der gleichnamigen Provinz. Auch nahe der Hauptstadt Damaskus flammten die Kämpfe zwischen der Armee und den Rebellen am Mittwoch wieder auf, wie die "Beobachtungsstelle" mitteilte.

Der stellvertretende UN-Generalsekretär Jeffrey Feltman verurteilte bei einer Sitzung des Sicherheitsrats am Mittwoch die jüngsten Angriffe auf Krankenhäuser in Aleppo. Solche Attacken seien ein "Kriegsverbrechen", ebenso wie das "Aushungern" der Bevölkerung durch die Belagerung von Stadtvierteln. Solche Verbrechen müssten vom Internationalen Strafgerichtshof untersucht werden. 2014 war eine entsprechende Initiative am Widerstand der UN-Vetomächte Russland und China gescheitert.

Neuer Anlauf für Friedensgespräche

Unterdessen unternahm der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier einen neuen Anlauf zur Wiederbelebung der Friedensverhandlungen für Syrien. In Berlin empfing er am Mittwoch den UN-Sondergesandten für Syrien, Staffan de Mistura, den französischen Außenminister Jean-Marc Ayrault sowie den syrischen Oppositionskoordinator Riad Hijab zu Beratungen.

Steinmeier mahnte eine baldige Rückkehr an den Verhandlungstisch an. Andernfalls drohten ein "Rückfall in Eskalation, in Explosionen der Gewalt und die Fortsetzung des Bürgerkrieges". Ayrault bezeichnete die gegenwärtige Lage in der Millionenstadt Aleppo als "ein schreckliches Drama". Die Schuld daran trage Assad.

Hijab, der als Koordinator des Hohen Verhandlungskomitees (HNC) die syrische Opposition in Genf vertritt, sieht die politischen Gespräche in einer "Sackgasse". Er verlangte erneut eine Absetzung von Syriens Machthaber: "Wir sehen keine politische Lösung, solange Assad im Land ist."

400.000 Kriegsopfer

Aus Protest gegen den Anstieg der Gewalt in den vergangenen Wochen hatte die syrische Opposition die Friedensgespräche in Genf verlassen. Insgesamt sind seit Ausbruch des Bürgerkriegs vor mehr als fünf Jahren nach UN-Angaben rund 400.000 Menschen ums Leben gekommen.

Für kommenden Montag kündigte die französische Regierung ein weiteres Syrien-Treffen in Paris an. Daran sollen unter anderem die Außenminister Saudi-Arabiens, der Vereinigten Arabischen Emirate, der Türkei sowie Katars teilnehmen. Die Länder zählen zu den wichtigsten Stützen der syrischen Opposition.