Die Brüsseler Behörde schlug am Mittwoch einen automatischen Asyl-Mechanismus im Zuge der Reform des Dublin-Systems vor. Wer nicht mitmacht, soll 250.000 Euro Strafe zahlen - pro Flüchtling. 

Mit dem nunmehr vorgeschlagenen korrektiven "Fairnessmechanismus" will die EU-Kommission die EU-Staaten zu mehr Solidarität bei der Flüchtlingsverteilung zwingen. Beschlossen müssen die Vorschläge aber von den Innenministern und dem Europaparlament werden. Tschechien hat sich bereits gegen Strafzahlungen ausgesprochen. Widerstand gegen die Verteilung kommt aber auch aus anderen osteuropäischen EU-Staaten.

Entsprechende Referenzwerte zur Aufnahme von Asylbewerbern sollen demnach für alle EU-Staaten aufgrund der beiden Kriterien Bevölkerungsgröße und Wirtschaftsleistung errechnet werden, die zu je 50 Prozent gewichtet würden. "Wenn die aktuelle Flüchtlingskrise eines gezeigt hat, dann das, dass der Status Quo des gemeinsamen europäischen Asylsystems keine Option ist", sagte EU-Migrationskommissar Dimitris Avramopoulos. Überschreiten die Asylanträge den jeweiligen Referenzwert eines EU-Staates zu 50 Prozent, soll der Umverteilungsmechanismus künftig automatisch einsetzen.

Großbritannien, Irland und Dänemark müssen aufgrund von Ausnahmeregelungen nicht mitmachen, für sie würde das bestehende Dublin-System weiter bestehen. Auch die bisher beschlossene, aber nur schleppend vorankommende Umverteilung von 160.000 Flüchtlingen in der EU soll nach den bisherigen Quoten weiter fortgesetzt werden. Der neue Mechanismus könnte drei Monate nach Inkrafttreten der neuen Dublin-Verordnung starten, hieß es in EU-Kreisen.

Freikaufen von ihrer Verpflichtung zur Aufnahme von Flüchtlingen könnten sich die EU-Staaten nur "unter außergewöhnlichen Bedingungen, wenn einzelne Mitgliedsländer nicht in der Lage wären, ihren fairen Anteil zu übernehmen", sagte EU-Kommissionsvize Frans Timmermans. Der Freikauf wäre begrenzt und zeitlich befristet. Mit Geld allein wäre das Problem nicht zu lösen, sagte Timmermans. Er konzedierte, dass die 250.000 Euro-Strafe bei der Nichtaufnahme eines Asylwerbers für ein EU-Land schon "teuer" wäre. "Aber ich glaube, um Solidarität mit denjenigen Staaten zu zeigen, die sich das aufbürden, ist das nicht zu viel verlangt."

Die Vizepräsidentin des EU-Parlaments, Ulrike Lunacek, (Grüne) bezeichnete den Vorschlag zur Dublin-Reform als Rückschritt für EU-Asylpolitik. "Auch weiterhin sollen Mitgliedstaaten wie Griechenland und Italien mit der Verantwortung für Schutzsuchende völlig allein gelassen werden. Und der Umverteilungsmechanismus, um den das Dublin-System erweitert werden soll, ist reine Augenwischerei", sagte Lunacek. Schutzsuchende aus sogenannten sicheren Drittstaaten, wozu jetzt auch die Türkei zähle, würden nicht eingerechnet. Entgegen der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs solle es auch für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge keine Ausnahme von den Zwangsrückführungen geben.

Der ÖVP-Europamandatar Heinz Becker nannte den Vorschlag von Strafzahlungen bei Nichtaufnahme eines Asylbewerbers "überfällig und fair". Es handle sich auch nicht um einen Strafcharakter, sondern eröffne die Möglichkeit zu flexibler Solidarität. Die EU-Innenminister sollten dies nicht blockieren.