Der Monarch stellte das Dekret im Beisein von Parlamentspräsident Patxi Lopez aus. "Es ist das erste Mal, dass dies in der demokratischen Ära geschieht, weil wir nicht in der Lage waren, das Mandat zu erfüllen, das uns die Bürger übertragen haben", sagte Lopez. Nach dem Ende der Franco-Diktatur 1975 waren die großen Parteien in Madrid nie gezwungen, eine Koalition zu bilden.

Die Enttäuschung der Spanier über das Verhalten der Parteien bei den gescheiterten Koalitionsverhandlungen ist riesig. Drei von vier Spaniern sind jedenfalls der Meinung, die Politiker und Parteien hätten ihre "persönlichen Interessen" über das Gemeinwohl gesetzt. Das ergab eine am Dienstag veröffentliche Umfrage des staatlichen Sozialforschungs-Instituts CIS.

Trotz der Unzufriedenheit über den politischen Stillstand und das Verhalten der Parteien dürften Neuwahlen aber wohl kaum neue Machtverhältnisse bringen. Das belegt ebenfalls die CIS-Umfrage. 80 Prozent der Befragten gaben zumindest an, sie hätten die gleiche Partei gewählt, auch wenn sie zuvor gewusst hätten, dass dies zu Neuwahlen führt.

Bereits eine am Sonntag von der Zeitung "El Pais" veröffentliche Umfrage lässt vermuten, dass es selbst bei einem erneuten Urnengang zu keiner großartigen Machtverschiebung im Parlament kommen wird. Demnach dürfte die konservative Volkspartei (PP) von Ministerpräsident Mariano Rajoy mit 29 Prozent erneut die Wahlen gewinnen. Die Sozialisten (PSOE) von Oppositionsführer Pedro Sanchez könnten zwei Prozent verlieren, aber mit 20,3 Prozent der Stimmen zweitstärkste Partei bleiben.

Auch die linkspopulistische Podemos (Wir können), Spaniens drittstärkste Formation, könnte über zwei Prozent ihrer Stimmen verlieren und sich bei 18,1 Prozent positionieren, während die neue liberale Bürgerpartei Ciudadanos drei Punkte gut macht und auf 16,9 Prozent an Podemos heranrückt.

Große Machtverschiebungen versprechen Neuwahlen also nicht. Rajoys Volkspartei zählt auf die treueste Wählerschaft und überstand durch ihre politische "Abwesenheit" bei der Regierungssuche recht unbeschadet die chaotischen und aggressiven Koalitionsverhandlungen. Auch dass die Konservativen von mehreren Korruptionsskandalen durchgeschüttelt wurden, schadete ihnen wenig. Ob sie jedoch in der Lage sein werden, eine Regierung zu bilden, hängt vom Zuwachs der Liberalen ab, die einzige Partei, die eventuell für eine Regierungskoalition mit den Konservativen bereit wäre.

Liberalen-Chef Albert Rivera forderte dafür aber den Abgang Rajoys und eine generationelle und personelle Gesamterneuerung der PP-Führung. Wahlentscheidend könnte aber vor allem auch die Vereinte Linke (UP-IU) werden, die ihren Stimmenanteil bei Neuwahlen laut der Metroscopia-Umfrage in "El Pais" auf 6,6 Prozent fast verdoppeln könnte.

Ein geplantes Wahlbündnis mit Podemos würde dann einen linksextremen-postkommunistischen Gegenblock zu den Konservativen bilden. Das wiederum könnte das Verhalten der beiden großen Volksparteien möglicherweise stark beeinflussen. "Die Sozialisten könnten sich für eine Große Koalition öffnen, um nicht als politische Linksalternative zu verschwinden. Auch die Hürden, die zwischen Liberalen und Konservativen existieren, dürften durch einen starken linksextremen Block abnehmen", meint auch der spanische Politologe Angel Cazorla im APA-Gespräch.