Zugleich forderte der Außenminister die CSU auf, ihren Widerstand gegen die Regelung aufzugeben. Die Beschlüsse des Europäischen Rats hätten nicht nur alle EU-Mitgliedsstaaten mitgetragen, "sondern auch die gesamte Bundesregierung", und die CSU sei "immer noch ein Teil davon", sagte er in dem Interview mit der "Welt am Sonntag" und der europäischen Zeitungsallianz Lena. Vereinbarungen müsse man einhalten, "das gilt zwischen Staaten genauso wie zwischen Privaten".

Die EU-Kommission will am Mittwoch mitteilen, ob sie die Aufhebung der Visapflicht empfiehlt. Die Türkei muss dazu 72 Bedingungen erfüllen. Es wird jedoch davon ausgegangen, dass auch die Erfüllung des Großteils der Kriterien ausreicht, damit Brüssel den Weg freimacht.

Der Wegfall der Visapflicht ab spätestens Ende Juni ist eines der größten Zugeständnisse der EU an die Türkei im Gegenzug für die Zusammenarbeit in der Flüchtlingskrise. In mehreren EU-Mitgliedstaaten, darunter in Österreich, im Europaparlament, aber auch innerhalb der CSU gibt es Bedenken, der Türkei die volle Visafreiheit zu gewähren. Ankara droht deshalb schon seit Wochen mit einem Stopp der Flüchtlingsrücknahme, sollte die EU ihre Zusagen nicht einhalten.

Steinmeier wies Vorwürfe zurück, die deutsche Regierung halte sich wegen des Flüchtlings-Deals mit Kritik an Ankara zurück. Das Verhältnis Deutschlands zur Türkei sei "vielschichtig". Die Lage der Pressefreiheit sei "Anlass zu ernster Besorgnis", auch die "Politik der Konfrontation" mit den Kurden spreche Berlin an. Gleichzeitig wisse jeder, dass die Türkei "für Europa das Schlüsselland für Migration aus den Krisen im Nahen Ostern" bleibe. Es sei Aufgabe der Politik, "das alles unter einen Hut zu bringen".