Die Grenzkontrollen wären überflüssig, wenn es zu einer europäischen Lösung für die Flüchtlingsproblematik käme und alle EU-Mitgliedsländer ihre Pflichten erfüllen würden, sagte Sobotka, der am Donnerstag in Rom seinen italienischen Amtskollegen Angelino Alfano getroffen hatte. Das Treffen mit Alfano bezeichnete Sobotka als "sehr konstruktiv".

"Ich bin überzeugt, dass Italien und Österreich mit den anderen europäischen Partnern eine Lösung für die Flüchtlingsproblematik finden werden. Es wird keine Brenner-Mauer geben und die Grenze wird nicht geschlossen", versicherte Sobotka. Vorrichtungen für eine Absperrung werde es dennoch geben, "aber wir werden den Zaun nicht einhängen", hatte der Innenminister am Freitag in Berlin gesagt. Dies geschehe erst dann, wenn es die Lage erfordere.

Sobotka dementierte in dem Interview mit der römischen Tageszeitung, dass Österreich Italien mangelnde Effizienz im Umgang mit dem Flüchtlingsproblem vorwerfe. Im Gegenteil, Österreich sei bereit, Italien bei seinen Bemühungen um Stabilisierung der politischen Verhältnisse in Libyen und für Hotspots zur Registrierung der Flüchtlinge im Mittelmeer zu unterstützen. "Zugleich fordern wir jedoch, dass Italien genügend Unterkünfte für die Flüchtlinge schafft und die EU-Außengrenzen effizient kontrolliert", betonte der Innenminister.

Der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) warnte unterdessen vor den Folgen einer "Schließung" des Brenner-Passes. "Die Auswirkungen wären auch für Österreich dramatisch", betonte der Minister im Interview mit der römischen Tageszeitung "La Repubblica" am Sonntag. Österreichs Haltung sei in punkto Flüchtlingskrise von dem Wahlkampf für das Präsidentenamt stark beeinflusst.

Es gebe keinerlei Grund für eine "Grenzschließung", denn die Zahl der Flüchtlinge aus Nordafrika sei zuletzt nicht gestiegen. "Im Gegenteil, die Zahl sinkt langsam. Bis heute gibt es keine Ausweichrouten zur Balkan-Route. Für eine Entwarnung ist es aber noch zu früh. Wir müssen diese Pause nutzen, um weitere gesamteuropäische Lösungen zu finden", betonte Steinmeier in dem Interview.

Nach Angaben des italienischen Innenministeriums sind seit Jänner 27.050 Migranten in Italien eingetroffen - ein Plus von 3,35 Prozent gegenüber dem Vergleichszeitraum 2015. 113.195 Menschen sind in italienischen Flüchtlingseinrichtungen untergebracht.

Das EU-Umverteilungssystem kommt nur schleppend voran, klagte die italienische Regierung. Seit dem vergangenen September verließen laut EU-Angaben von Ende April lediglich 565 Flüchtlinge im Rahmen des Umverteilungsprogramms Italien. Dabei sollten in zwei Jahren 39.600 Flüchtlinge in anderen EU-Ländern untergebracht werden.

Das deutsche Bundesland Bayern wird nach Angaben seines Innenministers Joachim Herrmann (CSU) mit der Regierung in Berlin Verhandlungen über die Ausweitung der Polizeikontrollen an der österreichischen Grenze aufnehmen. Bisher wird nur eine Handvoll der gut 60 Grenzübergänge von der Polizei kontrolliert, die bayrische Regierung will nun verlangen, dass es mehr werden.

"Es wird Gespräche zwischen Bund und Bayern geben, wie die Kontrollen künftig ausgestaltet werden sollen", sagte Herrmann am Sonntag der Deutschen Presse-Agentur (dpa). "Überall dort, wo die Grenzübergänge auch von Ausländern genutzt werden, muss kontrolliert werden."

Herrmann betonte, dass das Ausmaß der künftigen Kontrollen auch von der Entwicklung an der österreichisch-italienischen Grenze abhänge. "Sollte der Zustand eintreten, dass die Österreicher konsequente Kontrollen am Brenner durchführen, müssten wir in Kufstein nicht noch einmal kontrollieren." In Berlin habe sich die Erkenntnis durchgesetzt, dass die Kontrollen an der österreichischen Grenze sachlich notwendig seien. "Das ist ein voller Erfolg für unsere bayerische Position", sagte Herrmann. "Wir erwarten, dass die Kontrollen umfassend und konsequent durchgeführt werden. Unser Angebot der Unterstützung durch die bayerische Polizei steht."