Der russische Außenminister Sergej Lawrow äußerte sich zurückhaltend über die Erfolgschancen der Syrien-Vereinbarung. Russland schickt auch ein weiteres Kriegsschiff vom Schwarzen Meer in die Unruheregion. Der mit Marschflugkörpern vom Typ "Kalibr" ausgerüstete Raketenkreuzer "Seljony Dol" werde vor der Küste des Bürgerkriegslands vor Anker gehen, meldete die Agentur Ria Nowosti am Samstag. "Die Teilnahme an Kampfhandlungen ist nicht ausgeschlossen", sagte demnach ein Militärsprecher.

Für den Syrien-Konflikt müsse schnellstmöglich eine politische Lösung gefunden werden, sagte Kerry. "Dies ist ein Wendepunkt." Die Entscheidungen, die in den kommenden Wochen getroffen würden, könnten den Krieg in Syrien beenden - oder den Konflikt noch weiter verschärfen.

"Bisher richtete sich der Großteil der russischen Angriffe auf legitime Oppositionsgruppen", sagte Kerry in München. Es sei wichtig, dass sich Russland "auf andere Ziele konzentriert", damit die Einigung der Syrien-Kontaktgruppe auf eine Waffenruhe auch tatsächlich umgesetzt werden könne.

Die Syrien-Kontaktgruppe hatte sich in der Nacht auf Freitag in München auf eine Feuerpause in dem Bürgerkriegsland verständigt, die binnen einer Woche in Kraft treten soll. Der Kampf gegen die Jihadistenmiliz "Islamischer Staat" (IS) und andere radikale Gruppen soll aber fortgesetzt werden. Syrien soll rasch humanitäre Hilfe erhalten, der politische Übergang forciert werden.

Der britische Außenminister Philip Hammond sagte, die entscheidende Frage sei nun, "ob der Kreml wirklich deeskalieren möchte". In den vergangenen Wochen habe Russland gemäßigte Rebellen bombardiert. Falls Moskau diese Angriffe nicht beende, werde sich die moderate Opposition nicht an dem Friedensprozess beteiligen. Auch der französische Premierminister Manuel Valls rief Moskau auf, "das Bombardieren der syrischen Bevölkerung" einzustellen.

Die russische Regierung scheint jedoch nicht bereit zu einer Änderung ihrer Militärstrategie in Syrien. "Der Terrorismus ist ein zivilisatorisches Problem. Entweder wir oder sie. Das müssen alle verstehen, ohne Detail und Halbtöne, ohne Aufteilung in Freunde in Freunde, Radikale und angeblich Gemäßigte", sagte Ministerpräsident Dmitri Medwedew. Russland unterstützt in Syrien die Regierungstruppen in ihrem Kampf gegen die Rebellen. Die Führung in Damaskus bezeichnet alle Regierungsgegner als "Terroristen".

Neue Brisanz könnte der Syrien-Konflikt durch die Entsendung von Bodentruppen durch die Türkei bekommen. "Wenn es eine Strategie (gegen den IS) gibt, könnten die Türkei und Saudi-Arabien einen Einsatz am Boden starten", sagte der türkische Außenminister Mevlüt Cavusoglu den türkischen Zeitungen "Yeni Safak" und "Haber". Zuvor hatte Saudi-Arabien die Bereitschaft bekundet, im Rahmen der US-geführten Koalition Bodentruppen für den Kampf gegen den IS nach Syrien zu entsenden.

Die syrischen Regierungssoldaten trieben ihre Rückeroberungsoffensive voran. Am Samstag steuerten die Truppen von Präsident Bashar al-Assad nach Angaben der oppositionsnahen Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte auf einen Einmarsch in die IS-Hochburg in der Provinz Raqqa zu. Die Regierungstruppen meldeten auch die Rückeroberung weiterer Rebellengebiete nördlich von Aleppo.

Der türkische Ministerpräsident Ahmet Davutoglu bestätigte unterdessen einen Angriff auf den Norden Syriens. Die türkische Armee habe dort Ziele der kurdischen PYD angegriffen, sagte Davutoglu zu Journalisten und forderte, die Gruppe solle sich aus dem Gebiet bei Asas zurückziehen, das sie kürzlich erobert habe.