Nach der Münchner Syrien-Konferenz herrscht zaghafter Optimismus, dass sich die Kämpfe in dem Bürgerkriegsland trotz der jüngsten Eskalation eindämmen lassen.

Die Großstadt steht nach den anhaltenden massiven russischen Bombenangriffen kurz vor dem Fall. Die Menschen in den belagerten Städten sollen aber noch vor dem Wochenende erste Hilfslieferungen mit Lebensmitteln und Medikamenten erhalten.

Der UNO-Sondergesandte für Syrien, Staffan de Mistura, strebt nach der Verständigung eine möglichst rasche Wiederaufnahme der Friedensverhandlungen in Genf an, die er vergangene Woche wegen der russischen Luftangriffe ausgesetzt hatte. Der Termin für ein solches Treffen sei jedoch weiter unklar, sagte ein UNO-Sprecher. Zuletzt hatte de Mistura die Hoffnung geäußert, dass es bis zum 25. Februar eine Rückkehr an den Verhandlungstisch geben könne.

Bereits in der Nacht mischte sich in München Skepsis in die Erleichterung über die Einigung. "Wir kennen die Erfahrungen der Vergangenheit, deshalb spreche ich heute nicht von einem Durchbruch", sagte der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier. "Ob das ein Durchbruch war, wird sich in den nächsten Wochen beweisen müssen." Ähnlich äußerten sich seine Kollegen aus den USA und Russland, John Kerry und Sergej Lawrow. Er sei sich mit Lawrow einig, dass der wahre Test darin bestehe, ob alle Konfliktparteien in Syrien ihre Verpflichtungen erfüllten, sagte Kerry.

Der türkische Außenminister Mevlüt Cavusoglu sagte, ohne ein Ende der russischen Luftangriffe sei eine Waffenruhe nicht möglich. Die größte syrische Oppositionsgruppe erklärte, den Worten müssten Taten folgen, ehe sie wieder zu den Friedensverhandlungen reise. Lawrow betonte, Hauptziel aller Beteiligten sei die Abwehr der Extremistenmiliz "Islamischer Staat" (IS). Russland werde das Bombardement gegen den IS und die mit Al-Kaida verbündete Nusra-Front daher fortsetzen. Angriffe auf diese beiden Gruppen sind der Münchner Vereinbarung zufolge zulässig.

Der Westen wirft der Regierung in Moskau allerdings seit Monaten vor, unter dem Deckmantel des Kampfes gegen den IS vor allem die moderate Opposition in Syrien auszuschalten, um die Führung in Damaskus zu stabilisieren und dem Westen nur noch die Wahl zwischen Präsident Bashar al-Assad und dem IS zu lassen. Die seit Jahren umkämpfte Stadt Aleppo steht inzwischen kurz vor dem Fall an die Regierungstruppen. Kritiker beschuldigen Russland, der Führung in Damaskus so in letzter Minute eine bessere Verhandlungsposition verschaffen zu wollen.

Dementsprechend umstritten zwischen den USA und Russland war der Zeitpunkt der angestrebten Waffenruhe: Die USA hätten die Waffen am liebsten sofort zum Schweigen gebracht, die Führung in Moskau bot zunächst erst für den 1. März eine Feuerpause an. Die Entwicklung der Lage in Aleppo rückt damit in der kommenden Woche bis zu der angepeilten Waffenruhe noch stärker in den Blickpunkt: Sie gilt als Gradmesser dafür, ob es Russland mit dem Friedensprozess tatsächlich ernst ist.

Skeptiker fühlten sich zuletzt an das Vorgehen der russischen Führung im Ukraine-Konflikt erinnert, als Russland dem Westen abwechselnd entgegenkam und die Kämpfe im Nachbarland dann doch wieder anheizte. Die Zugeständnisse kamen meist vor Großereignissen wie NATO- oder EU-Gipfeln oder der Münchner Sicherheitskonferenz, die an diesem Freitag beginnt.

Die Vereinten Nationen bereiten sich ungeachtet aller Skepsis darauf vor, den Menschen in den eingeschlossenen Städten in Syrien Hilfe zu leisten. Ein erstes Treffen dazu soll am Nachmittag in Genf stattfinden. "Dies könnte der Durchbruch sein, auf den wir alle gewartet haben, um vollen Zugang zu den verzweifelten Zivilisten in Syrien zu erlangen", sagte der Norweger Jan Egeland, der das Treffen leiten wird. "Die Voraussetzung ist aber, dass alle diejenigen, die Einfluss haben, entsprechenden Druck auf die Konfliktparteien ausüben."

Die Vereinbarung von München sieht vor, dass sechs entweder von Regierungstruppen oder Rebellen belagerte syrische Orte, in denen die Lage am schlimmsten ist, noch diese Woche über Land mit ersten Lebensmitteln und Medikamenten beliefert werden sollen. Die Stadt Deir al-Zor, die vom IS eingekesselt ist, soll aus der Luft versorgt werden.