Laut Staatsanwaltschaft war der damals etwa 20-jährige Reinhold H. von 1942 bis 1944 als Mitglied des SS-Totenkopfsturmbanns in dem Lagerkomplex eingesetzt. Er bewachte demnach sowohl das sogenannte Stammlager I als auch Selektionen der mit Deportationszügen an der "Rampe" ankommenden Juden, die im Lagerteil Birkenau meist sofort ermordet wurden.

Der Anklage zufolge wusste H., dass die Deportierten in Birkenau ständig "in großer Zahl" grausam sowie heimtückisch vergast wurden und dass im Stammlager Massenerschießungen und Selektionen für die Gaskammern stattfanden.

Vor dem Prozessauftakt in Detmold gab es einen Tumult um die Holocaust-Leugnerin Ursula Haverbeck. Die 87-Jährige wurde nach Polizeiangaben vor dem Besuchereingang körperlich bedrängt und musste von Beamten vor Übergriffen geschützt werden. Anschließend habe sie mit einem Auto den Ort verlassen, sagte ein Sprecher.

Die in rechtsextremen Kreisen populäre Haverbeck wurde zuletzt wegen Volksverhetzung in zwei Fällen zu zehn Monaten Gefängnis ohne Bewährung verurteilt. Sie hatte im April 2015 am Rande des Lüneburger Prozesses gegen den früheren SS-Mann Oskar Gröning vor Journalisten behauptet, das KZ Auschwitz sei kein Vernichtungs-, sondern ein Arbeitslager gewesen. Die Leugung des Massenmords an den europäischen Juden ist in Deutschland strafbar.

An dem Verfahren in Detmold nehmen etliche Holocaust-Überlebende als Nebenkläger teil. In die Strafverfolgung mutmaßlicher NS-Täter war durch eine veränderte Rechtsauslegung von Gerichten zuletzt neuer Schwung gekommen. Neben dem Prozess in Detmold starten dieses Jahr noch mindestens zwei Gerichtsverfahren, in denen es um die Verbrechen in Auschwitz geht.