Nicht nur innerhalb Österreichs sprechen Politiker und Beamte eine unterschiedliche Sprache. Gestern haben die kroatischen Behörden angekündigt, dass Flüchtlinge künftig mit Direktzügen von Mazedonien nach Österreich gebracht werden sollen. Vergangene Woche sei eine entsprechende Vereinbarung zwischen Österreich, Slowenien, Kroatien, Serbien und Mazedonien getroffen worden, erklärte der kroatische Polizeichef Vlado Dominic. Österreich dementierte dies umgehend.

"Die Züge werden nur halten, um die Lokomotiven und die Polizeibegleitung auszutauschen", sagte der kroatische Polizeichef. Flüchtlinge würden den Zug in Kroatien nicht mehr verlassen, mit Ausnahme jener, die medizinische Hilfe benötigen oder in Kroatien Asyl beantragen würden. Transitlager in Kroatien sowie in Serbien und Slowenien sollen demnach geschlossen werden. Das sei bei einem Treffen der Polizeichefs vergangenen Woche in Skopje vereinbart worden, so Dominic. "Die Regierungen müssen sich noch über die Kosten abstimmen," erklärte er.

Viele Dementis

Das Innenministerium in Wien wies dies als unrichtig zurück. Erst am vergangenen Freitag habe es eine Telefonkonferenz mit Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) und ihrem kroatischen Amtskollegen Vlaho Orepic gegeben, bei der Mikl-Leitner ausdrücklich betont habe, dass "ein Korridor auf der Balkanroute zur österreichischen Grenze sicher nicht infrage kommt", erklärte ihr Sprecher Hermann Muhr auf APA-Anfrage.

"Ich kann mir das so beim besten Willen nicht vorstellen", dementierte auch Außenminister Sebastian Kurz am Rande seines Belgrad-Besuches die angebliche Vereinbarung. "Wir haben im letzten Jahr das Problem gehabt, dass der Weitertransport der Flüchtlinge professionalisiert worden ist. Das hat dazu geführt, dass sich immer mehr Menschen auf den Weg gemacht haben. Wir haben jetzt Gott sei Dank die gegenteiligen Überlegungen, nämlich die Menschen zu stoppen, das Durchkommen nicht so leicht zu ermöglichen nach Mitteleuropa", sagte der Außenminister bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit seinem serbischen Amtskollegen Ivica Dacic.

Auch dieser gab an, nichts von den angeblichen Plänen für einen direkten Flüchtlingstransport aus Mazedonien an die österreichische Grenze zu wissen. Ebenso wurde in Slowenien eine entsprechende Vereinbarung dementiert. "Bei dem Treffen wurde keine Vereinbarung über direkte Zugtransporte von Mazedonien nach Österreich getroffen", teilte die slowenische Polizei auf APA-Anfrage mit. Die Polizeichefs hätten sich für Hilfe für Mazedonien in Form von Personal und technischer Ausrüstung ausgesprochen, hieß es.

Kroatien schickte am heutigen Dienstag 15 Polizeibeamte nach Mazedonien. Fünf Polizisten sind bereits an der mazedonisch-griechischen Grenze im Dienst. Ihre Aufgabe sei es, die Flüchtlinge zu registrieren und ihre Weiterfahrt in die Zielländer zu beaufsichtigen, sagte der kroatische Innenminister Vlaho Orepic. Auch andere Länder würden Personal an die mazedonische Grenze schicken, um dort gemeinsam die Registrierung durchzuführen, fügte er hinzu.

Mögliche Erklärung

Eine mögliche Erklärung für die Diskrepanz zwischen den Signalen der Polizeichefs und den Erklärungen der Politiker: Alle wissen, dass es für alle Beteiligten am wenigsten aufwändig, am sichersten und am effizientesten wäre, die Flüchtlinge gleich direkt nach Österreich und Deutschland zu transportieren, wenn ohnehin für alle klar ist, dass sie dort landen.

Andererseits: Je leichter die Reise wird und je mehr sich das herumspricht, desto größer der Sogeffekt, und das ist das, was man am wenigsten will: Dass sich noch mehr Menschen als bisher, angelockt durch voreiligen Versprechen, aufmachen auf den Weg nach Europa.

Eine Mission von Kurz auf seiner aktuellen Reise durch die Balkanstaaten ist jedenfalls die Absprache der Länder untereinander: Ein Staat nach dem anderen wird, ausgehend von Deutschland und Österreich, seine Grenzen schließen. Die österreichische Flüchtlingsobergrenze von 37.500 wird bei derzeit 1.000 Neuankünften pro Tag bald erreicht werden. Alle Länder hoffen, dass sich nicht mehr so viele Menschen auf den Weg machen, wenn es kein Durchkommen mehr gibt.

CLAUDIA GIGLER