Die Konservativen von Ministerpräsident Mariano Rajoy gewannen die Parlamentswahl am Sonntag zwar mit knapp 29 Prozent. Sie mussten aber im Vergleich zur letzten Wahl vor vier Jahren 16 Punkte abgeben und sind auf einen Koalitionspartner angewiesen.

Es ist das erste Mal seit dem Ende der Franco-Diktatur vor vier Jahrzehnten, dass weder Konservative noch Sozialisten auf eine absolute Mehrheit im Parlament kommen. Am Ende könnten Neuwahlen nötig werden.

Schatten auf Rajoys Reformprogramm

Die politische Unsicherheit wirft auch Schatten auf Rajoys Reformprogramm, das zum Ende der Rezession in der fünftgrößten Volkswirtschaft der EU beigetragen hat. Der Euro-Staat hat allerdings mit über 20 Prozent noch immer die zweithöchste Arbeitslosenquote nach Griechenland. Viele Bürger wandten sich von der konservativen Volkspartei (PP) ab, weil der Aufschwung an ihnen vorbeigeht und sie wegen Korruptionsskandalen mit der Politik unzufrieden sind.

Profitieren konnte die linke Podemos, die wie die griechische SYRIZA gegen die Sparpolitik kämpft und aus dem Stand fast 21 Prozent der Stimmen bekam. Sie landete damit nur knapp hinter den Sozialisten. Die wirtschaftsfreundliche Ciudadanos vereinte etwa 14 Prozent der Stimmen auf sich. Sie wäre eigentlich der naheliegende Koalitionspartner für Rajoy. Jedoch reichen auch zusammen die Sitze im Parlament nicht aus, um auf die absolute Mehrheit zu kommen.

Rajoy räumte ein, dass das Land vor einer schwierigen Phase steht. "Man muss Bündnisse und Vereinbarungen schließen. Ich bin bereit, dies zu tun." Das Land brauche eine stabile Regierung, die die Arbeit der vergangenen vier Jahre fortsetze. Podemos-Chef Pablo Iglesias sprach von einem historischen Tag für Spanien. "In unserem Land beginnt ein neues politisches Zeitalter."

Minderheitsregierung der Konservativen

Auch eine Minderheitsregierung der Konservativen wäre denkbar. Diese ist allerdings wegen des Erstarkens der linken Parteien unwahrscheinlich. Eine Große Koalition aus Konservativen und Sozialisten hatten die beiden Parteien im Wahlkampf kategorisch ausgeschlossen. "Die Lage ist sehr kompliziert. Es gibt keine einfache Lösung", sagte der Politikwissenschaftler Ignacio Jurado.

Auch die Bildung einer linken Koalition dürfte sehr schwierig werden: Selbst mit dem Parteienbündnis Izquierda Unida kommen Sozialisten und Podemos nicht auf eine absolute Mehrheit. Sie bräuchten deswegen die Hilfe weiterer Gruppierungen. Die Parteien streiten sich aber über die Wirtschaftspolitik sowie darüber, wie viel Autonomie der reichen Region Katalonien gewährt werden soll. Dort mussten die zerstrittenen Separatisten einen Rückschlag hinnehmen. Während die Befürworter einer Unabhängigkeit 17 Parlamentssitze gewannen, kamen Vertreter der Parteien, die gegen das Vorhaben sind, in der Region auf 30.

Wegen der insgesamt verfahrenen Lage könnten die Koalitionsgespräche in Madrid mehrere Wochen in Anspruch nehmen. Die Verfassung setzt keine Frist, bis wann eine neue Regierung gebildet sein muss. Am Ende könnte es Neuwahlen geben.