Besonders angetan hat es Bachelet nach eigenen Angaben das duale Ausbildungssystem, wo Österreich weltweit "zu den Pionieren zählt". In Chile gebe es aktuell vorwiegend "einerseits eine akademische, andererseits eine technische Ausbildung", erklärte die Politikerin. "Aber wir müssen mehr mit den Unternehmen zusammenarbeiten", forderte Bachelet, die zuvor die Wiener Berufsschule für Metall- und Glasbautechnik besucht hatte. Nur so könnte sichergestellt werde, "dass die künftigen Angestellten, das richtige Profil und die richtigen Kompetenzen haben".

Bachelet war vor ihrer Wiederwahl im Dezember 2013 mit dem Versprechen angetreten, das marode chilenische Bildungssystem von Grund auf zu reformieren und Studiengebühren an Universitäten schrittweise ganz abzuschaffen. Ein entsprechender Gesetzesentwurf soll im Dezember im Parlament eingebracht werden. In den vergangenen Jahren ist es in Chile aus Protest gegen das Bildungssystem immer wieder zu teils gewaltsamen Demonstrationen von Studierenden, Schülern und Professoren gekommen. Einen Höhepunkt erreichten diese während der Amtszeit von Bachelets konservativem Vorgänger Sebastian Pinera, doch auch zuletzt gab es immer wieder Proteste aus Angst, Bachelet könnte ihr Versprechen nicht einhalten.

"Unser Problem ist nicht der Zugang zu Bildung, sondern die Qualität von Bildung", fasste die chilenische Präsidentin vor Journalisten in Wien die Probleme ihres Landes zusammen, "und wir müssen den Zugang zu höherer Bildung erleichtern". In Österreich gebe es diese "kostenloss und qualitätsvolle Bildung" bereits. Weshalb die Sozialdemokratin auch ihre Bildungsministerin Adriana Delpiano mit im Gepäck hatte, die sich mit ihrer österreichischen Amtskollegin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) beriet.

Ein Vorbild sei zudem die zentrale Rolle von erneurbarer Energie in Österreich, erklärte Bachelet, die am Montagabend vom UN-Klimagipfel in Paris angereist war. Hier wolle man künftig - wie auch im Infrastrukturbereich - enger zusammenarbeiten, betonte Bundespräsident Fischer. Am Dienstagnachmittag wollte Bachelet noch mit WKO-Präsidenten Christoph Leitl zusammentreffen sowie den Telekommunikationskonzern Kapsch AG besuchen.

Einen "beträchtlichen Teil" des Gesprächs habe zudem das Thema Flüchtlinge eingenommen, erklärte Fischer. Man sei sich einig, dass "man das Problem an den Wurzeln bekämpfen" und "in allen Regionen der Welt" Lebensbedingungen schaffen müsse, die erst gar keinen Anreiz zu Flucht bieten würden. Bachelet kündigte zudem an, dass auch ihr Land in naher Zukunft eine noch nicht genau definierte Anzahl syrischer Flüchtlinge aufnehmen wolle: "Wir wissen noch nicht, wie viele bereit sind, in ein so weit entferntes Land wie Chile zu gehen."