Die türkische Polizei hat am Samstagabend in Istanbul eine Kundgebung aus Protest gegen die Tötung eines prominenten kurdischen Anwalts gewaltsam aufgelöst. Die Polizisten gingen mit Tränengas und Wasserwerfern gegen hunderte Menschen vor, die den Vorsitzenden der Anwaltskammer von Diyarbakir, Tahir Elci, mit einer Schweigeminute ehrten und später regierungsfeindliche Parolen riefen.

Unter anderem skandierten sie: "Ihr könnt uns nicht alle töten" und "Der Verbrecherstaat muss Rechenschaft ablegen". Weitere Kundgebungen zum Gedenken an den bekannten Menschenrechtsanwalt und Verteidiger von Mitgliedern der kurdischen Minderheit fanden in Ankara und Izmir statt. Zusammenstöße zwischen Polizisten und Demonstranten gab es in der Kurdenstadt Diyarbakir im Südosten der Türkei.

Der 49-jährige Jurist wurde dort Stunden zuvor von einer Kugel im Gesicht getroffen, als er vor einer Moschee der Stadt eine Erklärung vor der Presse abgab, wie Augenzeugen berichteten. Der Schuss fiel im Laufe einer Schießerei, bei der auch ein Polizist getötet und zehn weitere Menschen verletzt wurden. Die Hintergründe waren zunächst unklar.

Die linksliberale, prokurdische Demokratische Partei der Völker (HDP) sprach von einem "geplanten Mord" und forderte zu Protesten auf. Die regierungsnahe Nachrichtenagentur Anadolu machte kurdische Rebellen für den Angriff verantwortlich. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan zeigte sich "traurig über den Tod von Elci". In einer Rede sagte der islamisch-konservative Staatschef, der seit Juli mit einem massiven Militäreinsatz gegen kurdische Rebellen vorgeht, der Kampf gegen den "Terrorismus" müsse bis zum Ende geführt werden.

Seit Juni waren prokurdische Aktivisten das Ziel von einer Reihe von Anschlägen, die von der Regierung der Jihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) zugeschrieben wurden. Zuletzt waren im Oktober in Ankara bei einer Friedensdemonstration 103 Menschen durch einen solchen Anschlag getötet worden.