Türkische Kampfjets schossen am Dienstag ein russisches Militärflugzeug an der türkisch-syrischen Grenze ab. Moskau bestreitet die Vorwürfe Ankaras, die russische Maschine habe türkischen Luftraum verletzt.

Russland drohte am Mittwoch der Türkei mit wirtschaftlichen Konsequenzen. Als Reaktion könnten wichtige gemeinsame Projekte gestoppt werden, teilte Ministerpräsident Dmitri Medwedew in einer Erklärung auf der Internetseite der Regierung mit. Türkische Unternehmen könnten zudem Marktanteile in Russland verlieren.

Bereits kurz nach dem Abschuss am Dienstag hatte Präsident Wladimir Putin erklärt, der Vorfall werde ernste Konsequenzen für die Beziehungen beider Staaten haben. Außenminister Sergej Lawrow sagte einen für Mittwoch geplanten Türkei-Besuch ab und rief seine Landsleute auf, nicht mehr in das Land zu reisen.

Als Reaktion auf den Vorfall werden alle Luftwaffeneinsätze Russlands gegen die Terrormiliz IS in Syrien ab sofort von eigenen Kampfjets begleitet, wie der Generalstab in Moskau laut des staatlichen Nachrichtenportals "Sputniknews" bekannt gab. Zuvor hätten Bomber keinen derartigen Schutz bekommen. Außerdem wurde der russische Raketenkreuzer "Moskwa" demnach angewiesen, vor der syrischen Mittelmeerküste Position zu beziehen und alle Ziele zu vernichten, die Russlands Luftwaffe in dem Bürgerkriegsland gefährden könnten.

Aus US-Regierungskreisen verlautete nun, das russische Flugzeug sei wohl kurzzeitig über türkischem Territorium gewesen, aber nicht dort getroffen worden. Abgeschossen wurde der Jet vielmehr im syrischen Luftraum, sagte ein nicht namentlich genannter Behördenvertreter der Nachrichtenagentur Reuters.

Indes wurde mehr über das Schicksal der Piloten der russischen Maschine bekannt. Wie bereits am Dienstag bekannt wurde, soll einer der beiden Piloten, die sich per Schleudersitz retteten, von Rebellen getötet worden sein. Die russische Regierung erklärte am Mittwoch, der andere Pilot sei von der syrischen Armee in Sicherheit gebracht worden.

Auch am Mittwoch gab es harte Töne zwischen Moskau und Ankara. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan sagte am Mittwoch vor Geschäftsleuten in Istanbul, er wolle keine Konfrontation mit Russland. Allerdings betonte er, die Türkei habe mit dem Abschuss ihre eigene Sicherheit verteidigt und die "Rechte unserer Brüder in Syrien".

Russlands Präsident Wladimir Putin erklärte laut russischen Nachrichtenagenturen, das Problem sei nicht der Abschuss der russischen Maschine - vielmehr sei problematisch, dass die gegenwärtige türkische Führung in den vergangenen Jahren die "Islamisierung ihres Landes" unterstützt habe. Er kündigte auch an, Russland werde seine Luftwaffenbasis in Syrien mit einem S-300-Raketensystem aufrüsten.

Russlands Verbündeter Iran zeigte sich über den Abschuss empört. "Mit diesen falschen Signalen und Botschaften werden die Terroristen nur noch mehr ermutigt, ihre Terroroperationen in der Region und weltweit fortzusetzen", sagte der iranische Außenamtssprecher Jaber Ansari in einer Erklärung.

NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg warnte nach einer Sondersitzung des Verteidigungsbündnisses am Dienstag vor einer "ernsten Situation". Er würde weitere Kontakte zwischen Ankara und Moskau begrüßen, sagte er in einem Interview mit der deutschen "Zeit".

Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel warnte vor einer weiteren Verschärfung der Spannungen. In einem Gespräch mit dem türkischen Ministerpräsidenten Ahmet Davutoglu habe sie am Dienstag darum gebeten, "alles zu tun, um die Situation zu deeskalieren", sagte Merkel am Mittwoch im Bundestag in Berlin.

Aus Wut über den Abschuss protestierten Hunderte Menschen vor der türkischen Botschaft in Moskau. Einige der rund 900 Demonstranten bewarfen das Gebäude mit Steinen, Eiern und Farbbeuteln, wie die Agentur Tass am Mittwoch meldete.

Mindestens 15 Fenster wurden demnach zerschmettert. "Erdogan Mörder" war unter anderem auf Plakaten zu lesen, die sich gegen den türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan richteten. Berichten zufolge wurde zunächst niemand festgenommen.